Die Young Boys suchen den Frieden in Europa
YB und der FC Basel stehen am Donnerstag in der Europa League im Einsatz. Die Gefühlslagen vor der Rückkehr ins europäische Schaufenster könnten in Bern und Basel kaum unterschiedlicher sein.
Als Giorgio Contini am Sonntag am Spielfeldrand des Wankdorf Stadions steht und vor den TV-Kameras nach Erklärungen sucht, weshalb die Young Boys 1:2 gegen St. Gallen verloren und dabei einen äusserst blutleeren Eindruck hinterlassen haben, ruft ein Fan von der Tribüne: "Contini raus".
Der Angesprochene hebt die Hände und setzt zum sarkastischen Applaus an, ehe er den Tribünenbeobachter bittet, ihm seine Anliegen doch von Angesicht zu Angesicht mitzuteilen. Das Zwiegespräch endet, als der Medienverantwortliche mit einem bestimmten "Giorgio, komm" versucht, den YB-Coach wieder auf seine Aufgaben aufmerksam zu machen.
Die Episode zeigt, dass bei den Young Boys derzeit einiges im Argen liegt. Dass die Berner nach dem 0:5-Debakel vor der Nationalmannschaftspause in Lausanne nicht die erwartete Reaktion in Form eines klaren Sieges zeigten, sondern zum wiederholten Mal einen Auftritt auf den Rasen legten, der viele Fragen aufwarf, bei denen es immer unklarer scheint, ob die derzeitigen Verantwortlichen in absehbarer Zeit die Antworten darauf finden können.
Die spielerische Ideenlosigkeit, die taktische Eindimensionalität, die defensive Anfälligkeit - es sind alles Dinge, die dieses YB im Moment im negativen Sinn auszeichnen. Dinge, die augenscheinlich wurden bei jedem langen Ball, der am Sonntag nach dem Prinzip Hoffnung in den St.-Galler-Strafraum spediert wurde. Dinge, die sich nicht kaschieren liessen, als sich die vorher in Bern seit 20 Jahren erfolglos anrennenden Ostschweizer mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit durch die löchrigen Abwehrreihen des Berner Sport Clubs kombinierten und einen in der Heimat als "historisch" betitelten Sieg einfuhren.
Es ist erstaunlich: Hätten die Young Boys mit einem Sieg in Lausanne die Tabellenspitze der Super League erklommen, sähe man sich im Umfeld der Berner wohl auf bestem Weg zu alter Stärke und Dominanz. Doch nun scheint ein neuerlicher Umbruch in Form eines Trainerwechsels deutlich wahrscheinlicher als der Aufbruch, der mit der Verpflichtung Continis bei YB hätte Einzug halten sollen.
Doch eben: Diese Young Boys können überraschen. Im negativen, aber auch manchmal im positiven Sinn. Vor drei Wochen hätte wohl kaum jemand damit gerechnet, dass sie in Bukarest den ersten Sieg in dieser Ligaphase der Europa League feiern würden. Am Ende fragten sich die Beobachter, ob dieses 2:0 die lang ersehnte Initialzündung sein könnte zu erfolgreichen Zeiten. Und ob Doppeltorschütze Joël Monteiro nun endlich regelmässig sein immenses Potenzial würde abrufen können.
Insofern ist es vielleicht gar nicht schlecht, kann YB die Sorgen der Super League einen Moment hinter sich lassen und wieder die etwas glänzendere Bühne des zweithöchsten europäischen Klubwettbewerbs betreten. Wobei: Viel Glamour versprüht die Begegnung gegen Ludogorets Rasgrad nicht. Der 14-fache bulgarische Meister, der ohne den verletzten ehemaligen YB-Spieler Kwadwo Duah antreten wird, ist wie die Berner mit einem Sieg und einer Niederlage gestartet. Und obwohl noch nichts Entscheidendes im Hinblick auf die Qualifikation zur K.o-Phase passieren wird, dürfte ein neuerlicher Rückschlag Continis Zukunft weiter in Frage stellen.
Der FC Basel wiederum macht den deutlich stabileren Eindruck als sein grosser Rivale. Auch beim FCB stehen zwar ein Sieg und eine Niederlage zu Buche. Mit dem 2:0 im Heimspiel gegen Stuttgart liess die Mannschaft von Ludovic Magnin jedoch aufhorchen. Nun steht den Baslern mit Olympique Lyon ein nächstes Spitzenteam vor der Brust. Die Franzosen sind noch ungeschlagen und ohne Gegentor.
Lausanne-Sport bestreitet am Donnerstag in Malta derweil sein zweites Spiel in der Conference League. Die Waadtländer treffen um 21 Uhr auf die Hamrun Spartans.
Lausanne ist mit einem 3:0-Sieg gegen die Isländer von Breidablik Kopavogur erfolgreich in die Ligaphase gestartet. In Malta tritt das Team von Peter Zeidler gegen den dreimaligen Meister als Favorit an.