Ein Traditionsverein kämpft sich zurück
Der EHC Arosa ist zurück im Profihockey - zumindest auf dem Papier. Hinter dem sportlichen Aufstieg steckt ein organisatorischer Kraftakt, der den Traditionsverein stark fordert.
Bei der Ankunft in Arosa könnte man meinen, es sei schon Winter. Am Montag fielen 30 Zentimeter Schnee. Beim Laufen ist Vorsicht angebracht, die Wege sind rutschig. Auch der EHC Arosa hat sich auf schwieriges Terrain begeben. Der 1924 gegründete Traditionsverein, der von 1952 bis 1982 neunmal Schweizer Meister geworden ist, zog sich 1986 aus finanziellen Gründen freiwillig aus der höchsten Liga zurück. In diesem Jahr wagte er nun den Aufstieg in die Swiss League.
Auf die Frage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, was die grössten Herausforderungen gewesen seien, antwortet Christian Modes, seit dem 1. Mai 2024 Geschäftsführer des Vereins: "Eigentlich alles." So waren im Stadion Anpassungen notwendig, dann muss jedes Heimspiel selbst produziert werden, weshalb "fast ein kleines Fernsehstudio" angeschafft werden musste. Die Schiedsrichterkosten stiegen massiv. Und nicht zuletzt galt es, eine Mannschaft zusammenzustellen, die nicht nur eine Statistenrolle einnimmt. Das war angesichts des Budgets, das gemäss Modes 1,6 Millionen Franken beträgt und im Vergleich zur Vorsaison etwa verdoppelt wurde, "natürlich nicht einfach". Denn die Spieler erhalten bloss mehr oder weniger eine Spesenentschädigung - mehr nicht.
Deshalb setzt Arosa auf junge Spieler, die den nächsten Schritt machen wollen. Das Durchschnittsalter der Mannschaft beträgt gemäss "Elite Prospects" 21,90 Jahre, nur jene der Bellinzona Snakes (20,66) ist in der Swiss League noch jünger. Modes erzählt: "Wir mussten aufpassen. Es riefen Agenten an, und wenn ich das so sagen darf, war am Anfang nur Fallobst dabei. Es galt Spieler zu finden, die zu uns passen."
Ohnehin ist es so eine Sache mit den Agenten, die selbstredend Eigeninteressen haben. Das führt auch zu Problemen, wie der Aroser Trainer Rolf Schrepfer in der Trainergarderobe gegenüber Keystone-SDA betont: "Es gibt Agenten, die sich einmischen und sagen: 'Egal, was der Trainer sagt, du musst einfach Tore schiessen. Dann können wir mit dir Geld verdienen.'" Das sei nicht nur bei ihnen ein Problem.
Zudem kann Schrepfer nicht nachvollziehen, dass Klubs mit U21-Elite-Teams Spieler, die das Alterslimit schon überschritten haben, halten wollen und ihnen sagen, dass es nach wie vor mehr bringe, in der U21-Elite zu spielen. Das sei ein absoluter Blödsinn. Wenn sie dann danach zu ihnen kämen, könne man sie ein Jahr lang nicht brauchen. "Da habe ich schon Mühe."
Schrepfer wie auch Modes, der sein eigenes Geschäft aufgegeben hat, um sich ganz seiner Leidenschaft Eishockey zu widmen, sind für den EHC Arosa ein echter Glücksfall. Beide sind Macher. Modes erklärt: "Wir haben einen Dreijahresplan." Dieser sieht vor, dass sich die Mannschaft ab der dritten Saison nach dem Aufstieg im Mittelfeld festsetzen kann - ein sehr ambitioniertes Ziel, das wohl nur mit mehr Geld erreicht werden kann. Modes ist also gefordert. Er ist jetzt schon daran, neue Sponsoren für die kommende Saison zu suchen. "Da sind wir auf einem guten Weg", sagt er.
Für Schrepfer ist klar, dass das Ziel mit nur jungen Spielern nicht erreicht werden kann. Von daher hofft er darauf, dass auch mal zwei, drei Routiniers verpflichtet werden können. "Ansonsten bleiben wir unserem Weg treu, junge und wilde Spieler auszubilden", sagt er. Ohnehin würde die Swiss League anders aussehen, ginge es nach ihm. Dann dürften bloss fünf Schweizer Feldspieler über 23 Jahre alt sein plus zwei Ausländer. "Bei den Goalies könnte darüber diskutiert werden", sagt Schrepfer. So könne neben mehr Ausbildung Geld gespart werden. "Denn die National League ist ja quasi eine geschlossene Liga - darüber müssen wir nicht diskutieren."
So gerne Schrepfer in Arosa Talente fördert, betont er: "Sie müssen einfach die Chance nutzen." Der 52-Jährige, der als Spieler zweimal mit den ZSC Lions und einmal mit Bern den Meistertitel gewonnen hat, würde sich von einigen wünschen, noch mehr zu machen - und zwar aus Eigeninitiative. Es regt ihn auf, dass er immer wieder sozusagen der Wachhund sein muss. "Schon als ich noch als Spieler tätig war, sagte ich, dass von zehn Spielern bloss zwei allein trainieren können. Beim Rest musst du dabei sein und sie anleiten", so Schrepfer.
Wie auch immer, kann sich sehen lassen, wie Arosa in die Swiss League gestartet ist, obwohl es mit zwölf Punkten aus 14 Partien den zweitletzten Platz belegt. Das Team ist nicht, wie von vielen befürchtet, Kanonenfutter für die Gegner - zumindest meistens nicht. Eine der Ausnahmen war das 1:7 am Dienstagabend gegen den Kantonsrivalen Chur. Dem stehen Siege gegen Visp (3:1) und in Basel (2:0) gegenüber. Visp hatte zuvor sämtliche sechs Pflichtspiele der Saison gewonnen.
Die Kanterniederlage gegen Chur ärgerte Schrepfer selbstredend, vor dem Spiel hatte er gesagt: "Wir sind eigentlich sehr zufrieden. Der Unterschied zur MyHockey League ist gross - was die Zweikampfstärke, das Tempo und die Gedankenschnelligkeit betrifft. Die Zweikämpfe vor dem Tor verlieren wir noch, auch weil wir zu wenig kräftig sind. Da zahlen wir ziemlich viel Lehrgeld. Auch bei der Puckkontrolle haben wir Defizite. Aber wir lernen und geben in jeder Partie alles. Manchmal kommt es gut, manchmal verlieren wir hoch. Das ist normal - das wussten wir. Als Ausbildungsverein ist das Resultat zweitrangig. Das müssen alle rundherum verstehen."