Gottéron und Christoph Bertschy und das Vertreiben der Dämonen
Letzte Saison kehrte Christoph Bertschy nach Jahren in Bern, Nordamerika und Lausanne nach Fribourg zurück. Mit seinem Jugendklub hat der 29-Jährige Stürmer nun einen starken Saisonstart hingelegt und führt die National League an. Da taucht natürlich die Frage auf: Reicht es in diesem Jahr zum ersten Titel in der Klubgeschichte?
Zehn Spiele, 22 Punkte, Rang 1: Herzliche Gratulation zu diesem Saisonstart!
Christoph Bertschy: Dankeschön, es läuft bislang gut, das ist so.
Vor einem Jahr hatte Fribourg zum selben Zeitpunkt 15 Punkt auf dem Konto. Was ist nun besser?
Unser neuer Assistenztrainer Pat Émond hat uns in der Offensivzone ein paar neue Dinge gezeigt, so dass wir nun etwas anders spielen. Es gab Anpassungen im Spiel gegen hinten, wir gewinnen viele Scheiben schon in der neutralen Zone und kommen so ins Transition Game. Das hilft uns im Vergleich zum letzten Jahr enorm.
Auch Ihnen läuft es sehr gut, Sie haben bereits 11 Skorerpunkte realisiert und sind mit sieben Treffern der beste Torschütze der Liga. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
(lacht) Das ist schwierig zu sagen, ich probiere, nicht viel anders zu machen als in früheren Jahren. Ich habe in der Saisonvorbereitung im Sommer nichts geändert, versuche mich auf jeden Match gleich vorzubereiten, damit ich immer ein gewisses Niveau erreiche und so konstant wie möglich spiele. Dass es am Anfang der Saison gleich zu so vielen Skorerpunkten gereicht hat, ist natürlich sehr cool. Aber noch wichtiger ist für mich, dass die Mannschaft Erfolg hat, das geniesst Priorität.
Es scheint, als funktioniere Ihre Linie mit Chris DiDomenico und Jacob de la Rose perfekt…
Das hilft enorm. Mit De la Rose habe ich schon letzte Saison häufig und auch gerne zusammengespielt. Er ist ein kompletter Zwei-Weg-Stürmer, der defensiv sehr hart arbeitet, viele Zweikämpfe und damit auch Pucks für uns gewinnt und über eine grosse Wasserverdrängung verfügt. Das ergänzt sich sehr gut mit dem Spielstil von DiDo und mir. Wir haben gerne den Puck, kreieren Dinge mit der Scheibe, das passt wirklich sehr gut zusammen. Dass es gleich so gut klappt, konnte man nicht wissen, aber es ist umso schöner, so spielen zu können.
Was erwarten Sie nun von den Spielen am Freitag gegen Ajoie und am Samstag gegen den SCB?
Ajoie wird mental eine Herausforderung, denn wir wissen, dass wir grosse Chancen auf den Sieg haben und die klaren Favoriten sind, wenn wir so auftreten wie in den letzten Wochen und unser Spiel durchziehen. Gleichzeitig ist uns klar, dass es auch bei Ajoie Spieler gibt, die ein Spiel entscheiden können, sodass wir defensiv so solid stehen müssen wie in den letzten Spielen. Wir haben viele Chancen kreiert und einfach gespielt, ich denke, es wäre komplett falsch, wenn wir etwas ändern würden und plötzlich an der blauen Linie Querpässe suchen. Dann laufen wir schnell in Konter.
Am Samstag geht es gegen den SCB. Sind es immer noch spezielle Spiele?
Ich konnte beim SCB meine ersten Erfahrungen in der höchsten Schweizer Liga machen, kenne immer noch viele Spieler des aktuellen Teams, das macht es natürlich speziell. Auch gegen den SCB müssen wir unserem Spiel treu bleiben. Ihnen ist der Saisonstart ebenfalls sehr gut gelungen, sie liegen auf Rang 3 – das wird ein sehr spannender und intensiver Match, denn der SCB spielt immer sehr körperbetont. Und es wird auch für Julien Sprunger ein cooles Spiel, wenn er seinen 1000. Match in der National League bestreitet. Wir alle wollen es auch für ihn gut machen.
Emotionen wird es in diesem Spiel ja sicher auch wegen der SCB-Vergangenheit von Chris DiDomenico geben…
(lacht) Das sehen wir dann, ich hoffe, es wird gut. Man sieht, dass DiDo Freude am Spiel hat, Freude, bei uns zu sein, und es gelingt ihm auch viel. Sie werden wohl probieren, ihn ein wenig anzusticheln, aber wir haben es so gut in unserer Linie, dass wir die Antworten mit spielerischen Mitteln geben können und nicht auf verbale oder andere Aktionen zurückgreifen müssen.
Sie wurden zuletzt als Patron auf dem Eis bezeichnet, als Motor des Teams, der auch mit körperbetontem Spiel glänzt. Bei soviel Lob müssen Sie ja schon fast rot werden – oder sorgt es auch für einen gewissen Druck?
Druck besteht immer. Ich bin auch ein Typ, der grosse Erwartungen an sich selber hat. Eine sportlich so erfolgreiche Phase wie jetzt gerade wird nicht die ganze Saison andauern. Wenn es so wäre, umso schöner, aber ich hatte auch in den letzten Saisons Höhen und Tiefen. Ob ich Skorerpunkte mache oder nicht, ich versuche, konstant mein Spiel zu machen, als Leader vorauszugehen, mit viel Speed, Zweikampfstärke, körperbetont – so, wie es halt einfach mein Spiel ist. Denn ich weiss: Wenn ich das durchziehe, spiele ich mein bestes Hockey. Die vielen Skorerpunkte in den ersten zehn Spielen sind ein Bonus, aber ich denke, dass es mir in den letzten Jahren gelungen ist, einen konstanten Weg zu finden, um ein Leader zu sein, ob ich nun skore oder nicht. Und selbstverständlich ist es auch so, dass dies nicht immer gleich gut gelingt. Mein Ziel ist es, die Wellen zwischen gut und schlecht so gering wie möglich zu halten und so konstant wie möglich zu spielen.
Sie waren als Junior bei Gottéron, wechselten dann mit 15 Jahren zum SCB, wurden da zum Profi, ehe Sie drei Jahre in Nordamerika und dann vier Jahre in Lausanne spielten. Was war die schönste Zeit in Ihrer Karriere?
Das kann ich so nicht beantworten. Das absolut Schönste ist, daheim zu sein. Aber es war auch eine sehr schöne Zeit in Amerika, ich konnte mein erstes NHL-Spiel bestreiten, was – sorry für den Ausdruck – meine geilste Erfahrung war. In Bern durfte ich vor dieser gigantischen Kulisse erstmals in der NLA aufs Eis sprinten, es war eine riesige Zeit. Aber ich habe auch Lausanne sehr genossen, eine coole Stadt mit einer schönen Fankultur. Es gibt also sehr viel Positives in meiner Karriere und deshalb ist es schwierig, etwas besonders herauszuheben. Aber klar, ich geniesse es enorm, wieder daheim zu sein, wo man die Wurzeln, die Familie, die Kollegen hat. Und ich bin extrem froh, dass ich diesen langfristigen Vertrag bis 2029 unterschreiben konnte und weiss, dass ich noch über Jahre hinweg in diesem Klub spielen darf.
Sie haben neun NHL-Spiele bestritten. Was fehlte zum finalen Durchbruch? Auch ein wenig das Glück?
Es sind viele Faktoren zusammengekommen. Ich war in Minnesota und der Klub hatte enorme Schwierigkeiten, den Salary Cap einzuhalten. Auch wenn ich im NHL-Kader war, mussten sie mich runterschicken, um nicht die Salärobergrenze zu überschreiten – und dies trotz meines im Vergleich zu anderen Spielern tiefen Lohns. So gab es eigentlich nie die Möglichkeit, mich in die NHL hochzunehmen, um über ein paar Spiele hinweg zu sehen, wie es mit mir geht. Zudem braucht es natürlich auch Glück, was aber auch in der Schweiz der Fall ist, um es in die National League zu schaffen – und die NHL ist halt nochmals anders. Ehrlich gesagt, machte ich da auch nicht meine besten Spiele und war die Rolle eines Viertlinienspielers mit fünf, sechs Minuten Eiszeit nicht passend für mich.
Mit dem SCB wurden Sie Meister und Cupsieger. Die erfolgreichste Zeit Ihrer Karriere?
Das ist sicher so, ja…
…aber ein Meistertitel mit Gottéron würde das alles übertreffen…
…das wäre natürlich der Traum aller Hockeyfans im Kanton Fribourg.
Es dauert noch lange bis zu den Playoffs, aber ihr müsst die Dämonen der Vergangenheit vertreiben.
Die Saison ist noch jung, wir sind auf einem guten Weg, haben ein gutes Grundgerüst. Nun ist es wichtig, dass wir uns über die ganze Saison hinweg weiterentwickeln und nicht das Gefühl haben, unsere Bestform bereits gefunden zu haben. Es gibt immer Dinge, die man verbessern kann. Zuerst geht es darum, die Playoffs zu erreichen und dann auch darum, bereit für einen langen Run zu sein.
Gottéron hat in den letzten neun Jahren eine Playoffserie gewonnen. Da geht es schon auch ums Mindset, an dem man arbeiten muss, oder?
Absolut, die Playoffs sind mental eine ganz andere Geschichte, da geht es immer ums nächste Spiel, um den nächsten Sieg und nicht um die Höhe eines Resultates. Wie Sie gesagt haben: Bei Gottéron geht es darum, die Dämonen der Vergangenheit zu vertreiben, um mehr als nur eine Serie in einer Saison zu gewinnen.