Gut Behrami & Co.: Aus der zweiten Reihe aufs Podest?
Vier Rennen vorbei, erst die Kombi-Silbermedaille von Wendy Holdener auf dem Konto: Die Schweiz konnte die Erwartungen an der Ski-WM noch nicht erfüllen. Die Hoffnungen in der Frauenabfahrt sind nun nicht allzu gross – ist das eine Chance?
Vor zwei Jahren in Cortina d’Ampezzo wurde die Frauenabfahrt zum Schweizer Freudentag. Corinne Suter gewann WM-Gold, Lara Gut Behrami raste hinter der Deutschen Kira Weidle zur Bronzemedaille. Nun ist die Ausgangslage eine andere. Titelverteidigerin Suter stürzte am 20. Januar in der Abfahrt ausgerechnet in Cortina schwer, erlitt eine Gehirnerschütterung, musste eine Zwangspause einlegen und kam weder bei ihrem Comeback im WM-Super-G (Rang 20) noch in den Abfahrtstrainings richtig auf Touren. Im gestrigen Abschlusstraining fuhr die Schwyzerin auf den 23. Platz und sagte danach gegenüber dem Schweizer Fernsehen: «Es geht von Tag zu Tag besser. Es ist ein Auf und Ab, aber im Grossen und Ganzen bin ich zufrieden. Ich habe das Gefühl, dass mein Grundspeed nicht so hoch war und ich ein paar Stellen viel frecher fahren muss.» Suter gehört zwar nicht zu den Favoritinnen, aber abschreiben sollte man sie nie, das hat die Vergangenheit gezeigt.
Beste Schweizerin im letzten Training war Lara Gut Behrami auf Rang 5. Die Tessinerin war in diesem Winter im Riesenslalom und im Super-G bislang bedeutend stärker als in der Abfahrt, wo sie in Lake Louise (18. und 13.), St. Moritz (8. und 12.) und Cortina (5. und 4.) noch keine Stricke zerreissen konnte. Immerhin: Die Tendenz zeigte zuletzt auch in der Königsdisziplin aufwärts. Und wer weiss, vielleicht kehrt ja auch das nötige Wettkampfglück zurück, nachdem sie im Super-G die Bronzemedaille nur um lumpige vier Hundertstelsekunden verpasst hatte.
Von den weiteren Schweizerinnen sind kaum Wunderdinge zu erwarten. Die bereits gesetzten Jasmine Flury und Joanna Hählen kamen im letzten Training auf den sechsten respektive achten Platz und Priska Nufer setzte sich im internen Duell zwar gegen Michel Gisin durch, war aber mit Rang 7 auch nicht ganz an der Spitze dabei.
So sind die Edelmetall-Hoffnungen in dieser Abfahrt wohl geringer als in den bisherigen vier WM-Rennen, doch das kann bekanntlich auch ein Vorteil sein und befreiend wirken. Die Hoffnung auf eine Medaille stirbt jedenfalls erst ganz am Schluss. Und in der Vergangenheit gab es an Grossanlässen ja immer wieder Erfolge durch Athletinnen und Athleten aus der zweiten Reihe.
Klar scheint, dass der Weg zu Gold über Sofia Goggia führt. Die italienische Saisondominatorin – sie gewann vier der sechs Abfahrten dieses Winters – setzte im Abschlusstraining ein Ausrufezeichen, distanzierte die Zweitschnellste, die Österreicherin Mirjam Puchner, um fast eine halbe Sekunde. Und dies, obwohl sie ihre Fahrt nicht bis ins Ziel voll durchzog und mit einem locker sitzenden Dress angetreten war.
Weitere ernsthafte Medaillenkandidatinnen scheinen neben Goggia auch Puchner sowie die Norwegerinnen Ragnhild Mowinckel und Kajsa Vickhoff Lie zu sein. Nicht ganz vergessen darf man Ilka Stuhec. Die Slowenin belegte im Abschlusstraining zwar nur den 18. Platz. Sie hat aber mit den Titelgewinnen 2017 und 2019 gezeigt, dass sie eine Frau für Weltmeisterschaften ist und zuletzt mit einem Sieg und einem zweiten Platz in Cortina sowie Rang 2 in St. Moritz im Weltcup überzeugt.