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Marco Schneuwly schleift die Luzerner Rohdiamanten

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Kein anderer Klub in der Super League setzt so sehr auf den eigenen Nachwuchs wie der FC Luzern. Mitverantwortlich für die Durchlässigkeit zu den Profis ist der Talentmanager Marco Schneuwly.

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Marco Schneuwly ist seit fünf Jahren als Talentmanager beim FC Luzern © KEYSTONE/URS FLUEELER

Es nieselt an diesem kühlen Dienstagnachmittag. Zwischen den goldenen Verstrebungen der Arena auf der Luzerner Allmend steht einer im Scheinwerferlicht, der sich das früher gewohnt war, um den es seit seinem Rücktritt vor fünf Jahren aber ruhiger geworden ist: Marco Schneuwly, mit 103 Toren in 330 Spielen einer der erfolgreichsten Stürmer der Super-League-Geschichte. Heute ist er Talentmanager in Luzern, im Fokus stehen seine Schützlinge.

So auch am vergangenen Wochenende auf der Maladière. Beim 6:0 in der 2. Cup-Runde gegen die Amateure von Bosna Neuchâtel trafen mit Lars Villiger, Lucas Ferreira und Ruben Dantas Fernandes drei Spieler aus dem eigenen Nachwuchs. Die Arbeit von Schneuwly, sie trägt Früchte - auch wenn es der einstige Stürmer nie so formulieren würde. "Ich sehe mich als Teil des Ganzen. Zum Erfolg tragen viele Abteilungen bei." Das Wichtigste Puzzlestück nebst den Spielern selbst sei der Staff der 1. Mannschaft. "Setzt dieser auf den Nachwuchs? Gibt er den Jungen eine Chance? Hält er an ihnen fest, auch wenn es mal nicht so läuft? Es ist zentral, dass der Trainer der 1. Mannschaft die jungen Spieler einsetzt und der Staff die Spieler weiterentwickelt."

Unter Mario Frick, der seit knapp vier Jahren Luzerns Cheftrainer ist, debütierten 20 Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in der Super League. Dass der 51-jährige Liechtensteiner die Talente nicht nur gerne ins kalte Wasser wirft, sondern ihnen auch nachhaltig das Vertrauen schenkt, unterstreicht die vor zwei Jahren von der Swiss Football League eingeführte Nachwuchs-Trophy eindrücklich. Ausgewertet werden dabei die Spielzeiten der Akteure, die noch für die U21 spielberechtigt sind und den Schweizer Pass besitzen.

Die Innerschweizer schwangen sowohl in der Saison 2023/24 als auch ein Jahr später mit jeweils über 14'000 Spielminuten und einem Vorsprung von mehr als 10'000 Minuten auf die Zweitplatzierten Grasshoppers und Lausanne-Sport deutlich obenaus.

Auf junge Spieler setzen kann nur, wenn auch deren Qualität stimmt. In Luzern verfolgen sie jedoch noch einen anderen Ansatz. "Wir können nicht so brutal, so engstirnig Spieler scouten und entwickeln wie grosse Klubs aus dem Ausland", sagt Schneuwly. "Wir müssen unseren Weg finden mit den Voraussetzungen, die wir haben, und das Bestmögliche herausholen." In der Schweiz gebe es zu wenig Topspieler, als dass man sich hierzulande erlauben könne, nur die schnellsten, grössten und technisch versiertesten Talente herauszupicken. "Darum ist es wichtig, dass wir möglichst viele mitnehmen und ihnen Zeit geben."

Manchmal sei es schwierig, die Entwicklung sofort zu erkennen, sagt Schneuwly. So geschehen etwa bei Luca Jaquez, der heute beim VfB Stuttgart in der Bundesliga unter Vertrag steht. In der U17, auch noch in der U18 sei er sehr schmächtig gewesen und habe noch im Mittelfeld gespielt. "Damals hat wenig darauf hingedeutet, dass er bald als Innenverteidiger in die Bundesliga transferiert wird." Immer wieder ist zu hören, dass Spieler bei gewissen Klubs im Nachwuchs durchfallen, anderswo aber den Durchbruch schaffen. Genau dies will der FCL vermeiden. Die fünf Jahre als Talentmanager hätten ihn gelehrt, ganzheitlicher zu schauen, so Schneuwly.

In Luzern gab es schon immer Talente, die den Sprung in die 1. Mannschaft schafften: David Zibung, Fabian Lustenberger, Pirmin Schwegler, Ruben Vargas. Dass aber gleich so viele Spieler zum gleichen Zeitpunkt die Tür zum Fanionteam aufstossen, ist aussergewöhnlich. Allein aus dem Jahrgang 2003 waren es sieben Spieler, darunter eben jener Jaquez, Goalie Pascal Loretz und Stürmer Lars Villiger. "Das war schon ein Jahrgang mit ausserordentlich vielen Talenten", gibt Schneuwly zu. "Aber am Ende ist das Talent nur eines von vielen Puzzleteilen, die für eine Profikarriere zusammenpassen müssen. Denn der Fussball ist nur bedingt planbar. Es braucht auch Glück. Den richtigen Trainer zum richtigen Zeitpunkt. Keine gravierende Verletzung. Die richtigen Entscheide."

Schneuwly steht den jungen Spielern dabei unterstützend und beratend zur Seite, von der U19 über die U21 bis hin zur 1. Mannschaft. "Ich habe einen anderen Zugangspunkt zu den Talenten als etwa die Trainer, die für das ganze Team zuständig sind. Zu mir haben die Spieler eine andere Verbindung." Schneuwly ist dabei stets auf dem Trainingsplatz zugegen, gibt den Spielern Tipps. Auf der anderen Seite definiert er mit seinen Schützlingen Entwicklungsziele und nimmt ihnen im administrativen Bereich Dinge ab, koordiniert und schaut, dass die Talente Schule, Ausbildung und Lehre unter einen Hut bringen. "Als Verein hat man diesbezüglich eine soziale Verantwortung", so Schneuwly. "Denn nur die wenigsten schaffen es zum Profi."

Einer, der den Sprung auf die ganz grosse europäische Bühne geschafft hat, ist Ardon Jashari. Im Sommer 2024 wechselte das wohl grösste Luzerner Talent der vergangenen Jahre nach Belgien zu Brügge. Ein Jahr später steht der Mittelfeldspieler bereits beim Weltklub AC Milan unter Vertrag. "Bei Ardon ging es perfekt auf", sagt Schneuwly. Welche Kurve die Karriere von Sascha Britschgi nimmt, wird sich erst noch weisen. Nach gerade mal drei Super-League-Partien wechselte der 19-jährige Aussenverteidiger zu Parma in die Serie A. Die ersten drei Partien seines Teams verfolgte er von der Bank aus. Am Mittwoch verbuchte er bei seinem ersten Einsatz im Cup gegen Spezia gleich seinen ersten Treffer.

"Es liegt nicht an mir zu entscheiden, wann ein Spieler den nächsten Karriereschritt machen soll", sagt Schneuwly, "sondern am Umfeld, bestehend aus Familie, Berater und Spieler selbst". Auch wenn er es gerne sähe, dass sich Spieler erst in der Super League durchsetzen, ehe sie den Schritt ins Ausland wagen, könne er jeden Spieler verstehen, der die Chance packen wolle. "Vielleicht kommt sie nur einmal", sagt Schneuwly und fügt an: "Wichtig ist, dass man mit voller Überzeugung hinter seinem Entscheid steht. Bleib mit voller Überzeugung oder geh mit voller Überzeugung."

Mit voller Überzeugung auftreten werden am Sonntag im St. Jakob-Park in Basel seine Schützlinge. Am Tag zuvor taten dies auch jene aus der U21. Der FCL gewann das Mittelfeldduell in der Promotion League gegen Kreuzlingen mit 3:0. Abseits von TV-Kameras. Schneuwly braucht das Blitzlichtgewitter nicht mehr. Er lässt lieber seine geschliffenen Rohdiamanten darin glänzen.

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