Nati erfüllt die Pflicht – aber ohne Glanz
3:0 gegen Andorra – die Schweiz gewinnt nach den verschenkten Siegen gegen Rumänien und Kosovo die geforderten drei Punkte, erfüllt in Sion aber nicht viel mehr als die Pflicht.
Die «Last-Minute-Remis» gegen Rumänien und Kosovo hatten doch für ziemlich Unruhe gesorgt. Die Nerven waren so strapaziert und die Egos angekratzt, dass Spannungen sichtbar wurden. Dies vor allem auch, weil Captain Granit Xhaka Coach Murat Yakin kritisierte und die mangelnde Trainingsintensität anprangerte. Was wäre da also die passendere Antwort als ein Sieg gegen Andorra, als Nummer 154 in der absoluten Anonymität der Weltrangliste und stattliche 141 Plätze hinter der Schweiz klassiert?
So wäre eigentlich alles angerichtet gewesen für die Schweiz, um in Sion Wiedergutmachung zu betreiben. Doch es blieb beim Konjunktiv. Herzerfrischender Offensivfussball mit Tempo? Nicht zu sehen gegen die Andorraner, die praktisch mit der ganzen Mannschaft verteidigten. Dies beeindruckend stark, zugegeben, aber auch einen solchen Riegel muss eine Mannschaft wie die Schweiz einfach knacken.
Der erhoffte oder gar erwartete Schweizer Befreiungsschlag blieb im teilweise gewittrigen Walliser Regen zwar aus, aber immerhin ging das Team von Murat Yakin nicht unter, sondern erfüllte die Pflicht. Dies, weil YB-Stürmer Cedric Itten sich nach 49 Minuten clever um seinen Gegenspieler drehte und mit dem 1:0 für eine gewisse Beruhigung sorgte. Die Schweizer gerieten nie in Gefahr, doch noch Punkte liegen zu lassen, sondern gewannen am Ende gar noch mit 3:0. Weil zuerst Xhaka nach seinen markigen Worten noch mit einem überlegt erzielten Treffer glänzte und in der Nachspielzeit Xherdan Shaqiri einen Penalty verwertete.
Für beste Unterhaltung sorgte an diesem Abend aber auch Schiedsrichter Elchin Masiyev aus Aserbaidschan. Bei einem brutalen Foul an Dan Ndoye liess er die Rote Karte unverständlicherweise in der Tasche stecken, verwarnte dagegen mehrere Schweizer wegen Reklamierens und der entstandenen Rudelbildung. Und kurz vor Schluss zeigte der teilweise überforderte Referee zuerst Dan Ndoye wegen einer Schwalbe die Gelbe Karte, ehe er vom VAR aufgefordert wurde, sich diese Szene nochmals anzuschauen – und nicht anders konnte, als auf Penalty (den Shaqiri verwertete) zu entscheiden und die Verwarnung von Ndoye zurückzuziehen. Es waren schon fast Slapstick-Einlagen an einem Abend, der nicht in die Schweizer Fussballgeschichte eingehen wird, aber immerhin mit dem Sieg, den drei Punkten und der Tabellenführung in der EM-Qualifikation versöhnlich zu Ende ging.
«Wir wollten nach dem Kosovo-Spiel unbedingt reagieren und wussten, dass es ein schwieriger Match wird, dass der Gegner hinten reinsteht. Aber wir sind drangeblieben und nach dem Tor wurde es dann auch etwas einfacher», erklärte Cedric Itten nach dem Sieg, für den er die Weichen gelegt hatte. Und Renato Steffen sagte: «Gegen solche Mannschaften muss man einfach Qualität auf den Platz bringen, sich bewegen, was wir in der ersten Hälfte nicht genügend gemacht haben. Aber es war ein Steigerungslauf mit einem am Ende klaren Sieg.»
Klare Worte fand auch Captain Granit Xhaka, der mit einem Tor und einem Assist glänzte und seinen Worte die geforderten Taten folgen liess: «Wir haben als Mannschaft die Antwort auf dem Platz gegeben. Ich spreche die Dinge halt offen an, vielleicht war es nicht der optimale Zeitpunkt und hätte ich es früher mit dem Trainer intern besprechen müssen, aber so bin ich halt, leider. Und vielleicht war es ja auch ein Weckruf für die ganze Mannschaft. Ich bin froh, konnte ich heute mit meiner Leistung der Mannschaft helfen – und nun ist das alles gegessen.» Und die Schweiz ist auf dem besten Weg, das Ticket für die Endrunde 2024 frühzeitig zu lösen.