Pogacar trotzt den Nadelstichen von Vingegaards Team
Als Vorjahressieger dominiert Tadej Pogacar bisher die Tour de France 2025 - trotz der täglichen Angriffe des Teams Visma um Jonas Vingegaard, das bislang kein Mittel gegen den Weltmeister findet.
Der erste Ruhetag am Dienstag in Toulouse kam für das erschöpfte Peloton nach den intensiven ersten zehn Tagen genau zur richtigen Zeit. Die 112. Ausgabe der Frankreich-Rundfahrt wurde bisher geprägt von den beherzten Ausreissversuchen des Iren Ben Healy, dem aktuellen Träger des Maillot jaune, den starken Auftritten von Mathieu van der Poel und dem packenden Sprinter-Duell zwischen Jonathan Milan und Tim Merlier.
Doch von Beginn an entwickelte sich auch ein knallharter Nervenkrieg zwischen Tadej Pogacar und dem Team Visma Lease-a Bike von Jonas Vingegaard, das Tag für Tag versucht, den Weltmeister in eine Falle zu locken - und das noch vor dem Beginn der Hochgebirgs-Etappen, die ab Donnerstag mit der Bergankunft in Hautacam anstehen.
Bisher verläuft dieser Kampf eindeutig zugunsten Pogacars, der bereits zwei Etappensiege feiern konnte. Der Slowene liegt in der Gesamtwertung auf Platz 2, mit 1:17 Minuten Vorsprung auf Vingegaard, der vor allem für sein misslungenes Einzelzeitfahren in Caen bezahlen musste.
Seither setzt das Team des Dänen Pogacar massiv unter Druck, was diesen zunehmend zu nerven scheint. "Sie waren mit ihren ständigen Angriffen ein bisschen nervig, also habe ich beschlossen, selbst einen zu setzen - einen besseren", sagte Pogacar am Montagabend gegenüber slowenischen Medien nach der Etappe im Zentralmassiv, ehe er sich gegenüber der Presse weitgehend verschloss.
"Ich habe das Gefühl, dass er langsam ungeduldig wird. Wir versuchen einfach, unseren Plan umzusetzen, ihm das Leben so schwer wie möglich zu machen", erklärte der Belgier Victor Campenaerts, der sich am Montag in die Ausreissergruppe begab, um als mögliche Relaisstation für Vingegaard zu dienen.
"Wir sind die Aussenseiter. Also müssen wir kreativer sein, als nur im letzten Anstieg so schnell wie möglich zu fahren", ergänzte Sepp Kuss, der wie sein amerikanischer Teamkollege Matteo Jorgenson ebenfalls eine Attacke im Peloton wagte.
"Noch ist es uns nicht gelungen, ihn zu knacken. Ob und wann das passiert, wissen wir nicht, aber wir warten auf unseren Moment", so Kuss weiter. Das Ziel dieser Guerillataktik sei klar, sagt Visma-Sportdirektor Grischa Niermann: "Pogacar isolieren". Denn sein Team UAE Emirates wirkt nach dem verletzungsbedingten Ausfall von João Almeida und der angeschlagenen Form von Pavel Sivakov, der zuletzt krank war, deutlich geschwächt.
Und tatsächlich war Pogacar am Montag im Finale auf sich allein gestellt. "Aber er ist unfassbar stark - der beste Fahrer der Welt, vielleicht sogar der beste aller Zeiten. Da ist es einfach schwer, ihn loszuwerden", sagte Campenaerts.
Vor allem, wenn Vingegaard den finalen Schlag nicht setzt. Am Montag blieb der Däne konstant im Windschatten Pogacars, ohne selbst eine Attacke zu versuchen. "Ich weiss, dass ich ihm irgendwann Zeit abnehmen muss", gab der Tour-Sieger von 2022 und 2023 zu. Zunächst betonte Vingegaard aber, dass er "immer noch mithalten kann", was im Juni an der Dauphiné-Rundfahrt noch nicht der Fall gewesen war.
Sein Team setzt jetzt alles auf die Etappen im Hochgebirge, also Vingegaards bevorzugtes Terrain. Dort hatte er Pogacar vor zwei und drei Jahren dominiert, insbesondere auf der legendären Etappe zum Col du Granon. "Wir haben ein paar richtig starke Kletterer", kündigt Matteo Jorgenson an.
Doch Pogacar hat sich seither weiterentwickelt. Zwei seiner früheren Schwächen, das Fahren bei Hitze und in grosser Höhen, hat er durch gezieltes Training nahezu ausgemerzt. Zudem fährt er taktisch klüger, verschwendet kaum Energie, überzeugt durch optimale Positionierung im Feld und wirkt damit besser gewappnet gegen Einbrüche wie auch schon.
Alles in allem scheint der dreifache Gesamtsieger der Tour de France mit seinen 26 Jahren auf dem absoluten Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit angekommen zu sein. Seine Ausstrahlung der Unbesiegbarkeit zwingt das Team Visma zur strategischen Neuorientierung. "Wenn er so stark bleibt", gesteht auch Sportdirektor Niermann, "wird es sehr schwer, ihn zu schlagen."