Simon Ehammer und Angelica Moser müssen den Frust verdauen
Simon Ehammer und Angelica Moser verpassen an der WM in Tokio die angepeilte Medaille. Der Appenzeller trotz einer Top-Leistung, die Zürcherin nach einem missglückten Wettkampf.
"Im Moment ist es unglaublich hart. Bei Olympia schon Vierter, damals fehlten immerhin 14 cm. Jetzt nur deren drei. Es tut einfach weh. Das Wettkampf-Glück ist momentan nicht auf meiner Seite", sagte der 25-jährige Ehammer.
Es gab in Tokio nur eine Handvoll Weitspringer, die das Potenzial für einen Ausreisser nach oben haben. Ehammer ist einer davon, und er lieferte auch. 8,30 cm sind Weltklasse, erst zum zehnten Mal in seiner Karriere überflog er diese Marke.
Ehammer hatte, dass sei erwähnt, das Wettkampf-Glück auch schon auf seiner Seite gehabt, als er an der WM 2022 in Eugene im Zentimeter-Krimi mit 8,16 m Bronze gewann. Und für ihn ist im Gegensatz zu anderen Enttäuschten von Tokio die Saison noch nicht zu Ende. Er startet am Wochenende zum Zehnkampf, erneut als Medaillenanwärter.
"Im Moment ist es schwierig, positive Sachen zu finden, weil der Frust so gross ist", sagte er. "Ich habe visualisiert, dass ich im Zehnkampf bereits mit einer Medaille im Gepäck an den Start gehen werde und es befreit geniessen kann." Den Galgenhumor fand er aber dann doch noch: "Jetzt hoffe ich einfach, dass ich im Zehnkampf nicht weiter als 8,33 cm springe."
Frustriert schlenderte Angelica Moser durch den Stadionbauch. Sie haderte allerdings nicht mit dem Wettkampf-Pech, sondern mit ihrer Leistung. An was es genau lag, wusste sie nicht ."Die Sprünge waren eigentlich hoch genug", meinte sie. "Vor zwei Jahren stand ich an der WM in Budapest als Fünfte zufrieden da. Jetzt bin ich Fünfte und total frustriert. Das zeigt wenigstens, dass ich mich in dieser Zeit verbessert habe."
Ganz aus heiterem Himmel kam die mässige Vorstellung der 27-Jährigen nicht. Zwar gewann Angelica Moser Ende März an den Hallen-Weltmeisterschaften in Nanjing Bronze, nachdem sie zwei Wochen zuvor in Apeldoorn zum zweiten Mal Indoor-Europameisterin geworden war. Aber in den Monat März fällt auch die Fussverletzung, welche die Trainingsplanung für die Sommersaison über den Haufen warf.
Ihr Coach Adrian Rothenbühler wollte neben der Schulung des Anlaufs den Fokus auf die Energieübertragung beim Stabeinstich legen. "Dort kann viel Energie vernichtet werden", betont der Emmentaler. Da seine Athletin nicht zu den Schnellsten beim Anlauf zähle, sei es umso wichtiger, dass sie das volle Katapult-Potenzial nutze. Angelica Moser sei dank ihrem kräftigen Oberkörper eine der Besten in diesem Bereich. "Sie kann im Idealfall dank ihrer turnerischen Fähigkeiten sogar Energie gewinnen am Stab."
Diese Fähigkeit macht die Schweizerin erst zur Medaillenkandidatin, denn mit ihrem Anlauf-Speed wäre sie für Podestplätze nicht konkurrenzfähig. Die Fussverletzung, einige Wettkämpfe im Frühsommer, die Rothenbühler lieber gestrichen hätte, oder auch die Masterarbeit für das Betriebswirtschafts-Studium führten letztlich dazu, dass die Stabhochspringerin weniger trainieren konnte als vorgesehen. Für Tokio stand deshalb doch wieder die Stabilisation und Schnelligkeit des Anlaufs im Vordergrund, eine Voraussetzung, um wieder härtere Stäbe zu nehmen, die höhere Sprünge ermöglichen.
"Ich bin gleich schnell wie an den Olympischen Spielen in Paris", sagte die Athletin zur Ausgangslage. Der Speed war da, die Form auch." Vielleicht habe ihr wegen der Pausen die Wettkampfhärte gefehlt.
Mit Speerwerfer Simon Wieland trat schliesslich doch noch ein "Gescheiterter" zufrieden vors Mikrofon. Schweizer Rekord am Grossanlass, was will man noch mehr? "Die Qualifikation für den Final und dann dort nochmals Schweizer Rekord", entgegnete der Berner.