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Wäre Ralf Rangnick für den FC Bayern eine gute Wahl? Zwei Meinungen

Die Anzeichen verdichten sich: Österreichs aktueller Nationaltrainer Ralf Rangnick soll nach der EM neuer Trainer des FC Bayern München werden. Aber: Setzen die Bayern mit dem 65-Jährigen auf das richtige Pferd? Unsere Redakteure Patrick Y. Fischer und Younes Hdk sind sich nicht einig.

Keystone_SDA
Könnte bald bei Bayern die Richtung angeben: Ralf Rangnick © KEYSTONE

Patrick Y. Fischer sagt: Ja

Der FC Bayern München hat zweifelsohne schon bessere Tage erlebt. Einzig das Erreichen des CL-Halbfinales schützt den erfolgsverwöhnten Klub aktuell davor, sich nur noch mit kritischen Fragen zur verbesserungswürdigen sportlichen Situation auseinandersetzen zu müssen. Dazu passt, dass sich auch die Suche nach einem Nachfolger für den scheidenden Thomas Tuchel nicht wie erhofft entwickelte. Die Kronfavoriten Xabi Alonso und Julian Nagelsmann haben abgesagt und es macht den Anschein, als hätten sich die Bayern ob all der Diskussionen über Sprachkenntnisse, fehlende internationale Titel oder mangelnde Erfahrungen im Umgang mit Stars selbst ein wenig in eine Sackgasse manövriert. Mit der Ernennung von Ralf Rangnick könnte man diesen Eindruck korrigieren.

Gewiss, Rangnick ist nicht zwingend eine erwartete oder populäre Wahl. Dafür hat sich der gebürtige Schwabe schon zu lange als zuweilen eigenwillige, kontroverse und auch aufmüpfige Trainerpersönlichkeit etabliert. Unvergessen z.B. sein Einwurf im Dezember 2008, als der damalige Hoffenheim-Trainer auf eine Spitze von Bayern-Boss Uli Hoeness flapsig antwortet: «Wenn Sie flotte Sprüche hören wollen, müssen Sie nach München gehen. Wenn Sie flotten Fussball sehen möchten, dann sind Sie bei uns richtig.» Aber es ist auch genau dieser Wesenszug, dieser Glaube an die eigenen Fähigkeiten, der Rangnick gemeinsam mit 25 Jahren Erfahrung für die Aufgabe in München prädestiniert. In einem Klub, der auf fast allen Ebenen von Welt- und Europameistern, CL-Siegern sowie starken Persönlichkeiten durchsetzt ist, können Rucksack und Selbstvertrauen gar nicht gross genug sein.

Gewiss, auch ein Thomas Tuchel kam mit einem beachtlichen Renommee an die Säbener Strasse – und ist trotzdem gescheitert. Aber: Tuchel war im Gegensatz zu Rangnick nicht die Wahl der aktuellen Bayern-Führungsriege um Christoph Freund und Max Eberl. Beide waren bei der Trennungsposse um Julian Nagelsmann noch nicht mit an Bord und haben aus nächster Nähe miterlebt, wie wichtige die Trainerpersonalie für die Zukunft des Rekordmeisters sein wird. Und sie wissen: Rangnick mag auf internationaler Ebene kein grosser Name sein, in Deutschland gilt das aber nicht. Im 65-Jährigen würden sie auf einen Kandidaten setzen, der bislang an nahezu jeder Station erfolgreich und meist auch prägend wirkte, ohne dabei jedoch grosse Titel einzufahren. Diese durften von ihm Angesichts von Stationen wie Stuttgart, Hannover, Hoffenheim, Schalke, RB Leipzig oder dem ManU der Neuzeit auch nicht zwingend erwartet werden. Das wird bei Bayern zweifelsohne anders sein – und dürfte den «Professor» motivieren. In München winkt ihm die Chance, seine Trainerlaufbahn im Herbst seiner Karriere zu vergolden.

 

Younes Hdk sagt: Nein

Nun scheint es, als wolle der FC Bayern München zu einem „normalen kleinen Klub“ werden. Vorbei sind die Zeiten der klangvollen Namen wie Zidane, Xabi Alonso, Mourinho usw. Stattdessen tritt der „Fussballprofessor“ Rangnick auf den Plan… und mit Leverkusen, das endlich einen Titel gewinnt, ist diese Bundesliga-Saison definitiv paranormal.

Die wahrscheinliche Ernennung von Ralf Rangnick an die Spitze eines der grössten deutschen Klubs (und der Welt) wirkt sehr nach einer hysterischen Reaktion. Offensichtlich durch die letzten beiden Saisons, die weit unter dem Standard waren, den der deutsche Rekordmeister gewohnt ist, scheint der Klub einen radikalen 180-Grad-Wandel einleiten zu wollen. 

Natürlich hat der gute alte Ralf beeindruckende Erfolge in seinem Lebenslauf vorzuweisen, mit Schalke, Hoffenheim, Leipzig; ja, er ist ein unvergleichlicher „Architekt“, aber wie oft hat er in einem Klub der Grösse des FC Bayern Erfolg gehabt? Denn das ist der am häufigsten gemachte Fehler in der Geschichte des Fussballs: zu glauben, dass ein Klub dieser Grösse wie jeder x-beliebige kleine Klub geführt werden kann. Was bei dem einen funktioniert, ist bei dem anderen unmöglich umzusetzen. Bayern ist nicht Leipzig, und wer glaubt, dass Bayern zu einem ruhigen Klub werden kann, ohne Lärm, ohne Glanz und Glamour, begeht einen groben Fehler. Ein Klub dieser Grösse wird immer grosse Spieler (mit Egos, die ihrem Talent entsprechen) benötigen, und es wird immer riskant sein, jemanden mit so wenig Erfahrung auf höchstem Niveau inmitten von Weltklasse-Fussballern zu platzieren.

Wir erinnern uns alle an die spektakuläre Aussage von Cristiano Ronaldo über denselben Ralf Rangnick während des berühmten Interviews mit Piers Morgan vor eineinhalb Jahren: « Ich hatte noch nie von ihm gehört, wie alle um mich herum. Wenn du mehr als fünf Jahre nicht als Trainer tätig bist, verlierst du das Etikett eines Trainers. Wenn du nicht einmal Trainer bist, wie kannst du dann der Chef von Manchester United sein? Tief in mir habe ich ihn nie als den Boss gesehen, weil ich einige Dinge gesehen habe, mit denen ich nicht einverstanden war. Es war wirklich eine harte Zeit, aber letztendlich nicht überraschend, wenn man den Zustand der Institution Manchester United sieht. » Man mag Cristiano Ronaldo mögen oder nicht, aber der Portugiese hat im Laufe der Jahre einige grossartige Trainer kommen und gehen sehen, also weiss er, wie man sie erkennt, wenn er ihnen begegnet. Steht der FC Bayern möglicherweise vor einem ähnlichen Abstieg, den Manchester United in den letzten fünf Jahren erlebt hat?

Die Strategie des umgestossenen Tisches ist manchmal in einem Fussballklub notwendig, aber es ist besser, sicherzustellen, dass man anschliessend eine Person hat, die gross genug ist, um den Tisch zu erreichen und das Besteck wieder an seinen Platz zu legen."

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