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«Wer in unser Stadion kommt, sollte Emotionen spüren»

Andy

Einst als Spieler und heute als Trainer: Mauro Lustrinelli (47) und der FC Thun passen zusammen, pflegen eine langjährige, intensive und auch erfolgreiche Beziehung. Der Tessiner liegt mit seinem Team in der Challenge League an der Tabellenspitze, die Rückkehr in die Super League scheint möglich und wäre ein «nice to have», wie Lustrinelli im Interview sagt.

Lustrinelli
Mauro Lustrinelli verfolgt mit dem FC Thun grosse Ziele. © IMAGO / Pius Koller

Rang 1 nach zwölf Spielen: Herzliche Gratulation, dieser Saisonstart ist gelungen.
Mauro Lustrinelli: Danke, und ja, wir sind natürlich zufrieden mit diesem Start.

Die vergangene Saison endete mit acht sieglosen Spielen, die neue begann mit einem Remis gegen Stade Nyonnais und nun steht der FC Thun oben. Was ist passiert? Was hat sich konkret verändert?
Wir befinden uns in einem Prozess. Es braucht etwas Zeit, um sich an die neue Ausrichtung und Spielweise zu gewöhnen. Auch diesbezüglich ist Kontinuität sehr, sehr wichtig. Wir haben viele Spieler aus der Region in unserem Team, integrieren Talente aus dem Nachwuchs ebenso wie neue Spieler in der Mannschaft, und das braucht einfach eine gewisse Zeit. Die Mannschaft hat einen Schritt gemacht, wir können unser Spiel konstanter durchziehen und werden besser belohnt als letzte Saison. Denn da war auch nicht alles schlecht, blieb aber ab und zu der Lohn für unsere Arbeit und Leistung aus.

Welcher Fussball schwebt Ihnen vor? Sie waren Stürmer, also ist wohl die Offensive Trumpf…
Offensiv, mutig, wir wollen den Ball so schnell und so hoch wie möglich zurückerobern, setzen also auf hohes Pressing, und wir wollen schnell umschalten und vertikal spielen. Wer in unser Stadion kommt, sollte Emotionen spüren.

«Die Fans dürfen selbstverständlich auf die Tabelle schauen, wir versuchen dagegen, uns auf die Arbeit zu konzentrieren.»

Der Vorsprung auf Rang 3 beträgt bereits elf Punkte, da können Gedanken aufkommen, dass nun zumindest die Barrage Pflicht ist…
Ich denke nicht so weit. Die Tabelle ist immer auch eine Gefahr, für mich ist der Fokus auf den Prozess wichtig. Wir müssen unsere Leistung auf dem Platz bringen, die Resultate sind dann die Folge der täglichen Arbeit. Die Fans dürfen selbstverständlich auf die Tabelle schauen, wir versuchen dagegen, uns auf die Arbeit zu konzentrieren.

Ist es schwierig, in einer Phase, in der es gut läuft, bei den Spielern keine Genügsamkeit aufkommen zu lassen?
Dieses Risiko besteht natürlich, zumal diese Situation für mehrere unserer Spieler neu ist. Und genau deshalb wollen wir den Mix zwischen Selbstbewusstsein und Demut finden. Wir kennen unsere Stärken, jedes Spiel bietet die Möglichkeit, drei Punkte zu gewinnen und jeder Tag ermöglicht uns die Vorbereitung auf diese Siege. Gleichzeitig ist wie erwähnt Demut wichtig, dass wir nicht vergessen, woher wir kommen und dass wir unsere Identität beim FC Thun leben.

Am Freitag treffen Sie mit Aarau auf ein anderes Schwergewicht der Liga. Was erwarten Sie da?
In Aarau hatten wir immer schwierige Spiele, und sie sind in einer Phase, in der sie gewinnen müssen. Auf dem Brügglifeld geht es immer intensiv zu und her, gibt es viele Zweikämpfe, viele Umschaltphasen – am Ende wird die Effizienz entscheidend sein, werden die Details den Unterschied ausmachen. 

Haben Sie eigentlich den Aufstieg als konkretes Ziel ausgegeben?
Wir haben bereits vor einem Jahr gesagt, dass wir in den nächste drei Jahren versuchen, in die Super League zurückzukehren. Und nun befinden wir uns in diesem Prozess. Aufgrund des Budgets und der Möglichkeiten ist der Aufstieg für Sion fast ein Muss. Für uns wäre es sicher ein «nice to have», aber das wird sich im Verlauf der Saison entwickeln.

Sie sind seit rund 16 Monaten Coach des FC Thun. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Sehr gut! Ich habe jeden Tag Freude, wenn ich ins Stadion komme. Wir haben uns gemeinsam entwickelt, sind ein Team geworden und haben für viel Dynamik gesorgt; die Zusammenarbeit von Staff und Mannschaft funktioniert sehr gut. Wenn die Resultate stimmen, bekommt man die Gewissheit, auf dem richtigen Weg zu sein. Und diese Resultate braucht man einfach, denn sonst leidet die Glaubwürdigkeit. Aber auch hier: Wir sind in einem Prozess, der nicht abgeschlossen ist. 

«Wir wollen mit Spielern aus der Region arbeiten – und dieses Projekt ist sehr interessant für mich, das macht Freude.»

Zuletzt waren Sie Trainer der U21-Nati: Macht heute die tägliche Arbeit mit den Spielern mehr Spass?
Es ist ganz anders. Als Klubtrainer sieht man seine Spieler fast jeden Tag, als U21-Trainer arbeitet man etwa 50 Tage im Jahr mit ihnen. Dort muss man die Spieler in diesen Momenten auf den Match vorbereiten, im Klub ist es ein Prozess, eine Entwicklung einer Mannschaft, in der man auch einen guten Mix finden muss. Aktuell haben wir mit Valmir Matoshi und Daniel Dos Santos zwei Akteure in der U21-Nati, was bislang wohl noch nie der Fall war. Wir wollen mit Spielern aus der Region arbeiten – und dieses Projekt ist sehr interessant für mich, das macht Freude.

Sie haben lange für den FC Thun gespielt und hier im Nachwuchs Ihre Trainerkarriere lanciert. Es ist eine besonders innige Beziehung…
Bei meinem Schritt vom Verband zu Thun habe ich viel an diesen Aspekt gedacht. Denn es ist schon auch entscheidend, mit welchen Leuten man arbeitet – und in Thun wusste ich genau, was mich erwartet. Es herrscht Kontinuität, im Klub wird Schritt für Schritt gemacht. Und man bekommt für ein Projekt die nötige Zeit. Beim Verband wollte und musste ich etwas aufbauen, das auch nach meinem Abgang bleibt und darauf war ich stolz. Beim FC Thun wollen wir nun ebenfalls etwas Nachhaltiges aufbauen.

Sie haben einst als Stürmer auch die magischen Champions League-Abende geprägt. Denken Sie noch oft daran zurück?
Ja, weil ich regelmässig, wie jetzt von Ihnen, darauf angesprochen werde. Persönlich komme ich aber nicht auf diesen Gedanken.

Sie waren als Spieler auf der ganz grossen Bühne, es ist wohl das Ziel, dies auch als Trainer zu schaffen…
Das ist so. Als Spieler durfte ich die Champions League oder Weltmeisterschaften erleben, es auch als Trainer so weit zu bringen, wäre schön. Es ist mein Ziel, und ich arbeite jeden Tag darauf hin.

Für Urs Fischer und Murat Yakin war der FC Thun ein Sprungbrett, und ich behaupte: Das wird auch für Mauro Lustrinelli so sein.
Ganz ehrlich, ich denke nicht so weit, habe keine Zeit dafür. Ich bin fokussiert auf das Hier und Jetzt, versuche jeden Tag mit grosser Freude der Mannschaft zu helfen, sie weiterzubringen. Aber klar, wenn es so weit käme, würde ich mich sehr darüber freuen. 

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