Zeidler in der geliebten "Suisse romande"
Peter Zeidler ist wieder in der Super League. Der langjährige St. Gallen-Trainer spricht über seine neue Aufgabe bei Lausanne-Sport und erklärt, weshalb der Klub bei der Zielsetzung vorsichtig ist.
Es ist speziell, Peter Zeidler mit dem weissen LS-Schriftzug auf dem grauen Polo-Shirt zu sehen. Sechs Jahre lang war der Deutsche in der Ostschweiz tätig, verkörperte gemeinsam mit Präsident Matthias Hüppi und Sportchef Alain Sutter den FC St. Gallen, war in der Region verankert und beliebt. Nun, nach einem kurzen Abstecher über Bochum, ist Zeidler im Westen der Schweiz ansässig geworden, gut 300 Auto-Kilometer von St. Gallen entfernt.
Nachdem sein Bundesliga-Engagement im vergangenen Oktober nach acht Spielen mit sieben Niederlagen bereits wieder zu Ende war, habe er bewusst auf ein interessantes Angebot gewartet, sagt Zeidler der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Oberflächliche Anfragen seien aus Tunesien, Südafrika, Saudi-Arabien oder vom finnischen Verband gekommen. Auch mit diversen Schweizer Klubs wurde Zeidler in Verbindung gebracht. "Alles nicht der Rede wert", sagt der bald 63-Jährige. "Erst bei Lausanne habe ich gespürt: Das könnte passen."
Der ausgebildete Französisch-Lehrer in der Romandie: Das klingt nach einer "mariage parfait". Auch wenn Zeidlers erstes Engagement in der Westschweiz vorzeitig geendet hatte. Denn noch vor St. Gallen, das geht manchmal vergessen, trainierte Zeidler den FC Sion. Dort musste er nach gut acht Monaten und trotz eines starken Punkteschnitts von 1,93 wieder gehen. Das war allerdings zu einer Zeit, in der es Trainer im Wallis noch deutlich schwieriger hatten als jetzt.
In Lausanne soll es anders laufen. Das jedenfalls hofft neben Zeidler auch Sportchef Stéphane Henchoz, der bei der Vorstellung des Trainers sagte: "Peter kennt nicht nur den Schweizer Fussball sehr gut, sondern bringt aber auch internationale Erfahrung mit. Ausserdem hat er Charisma." Die Klub-Verantwortlichen sehen in Zeidler den perfekten Mann, um auf dem Fundament aufzubauen, das der nach Basel abgewanderte Ludovic Magnin gelegt hatte. In ihrer mitreissenden und teils auch emotionalen Art weisen die beiden Trainer gewisse Ähnlichkeiten auf.
Was Zeidler neben seiner Liebe fürs Französische noch an der neuen Aufgabe reizte, liegt auf der Hand: Im Verein steckt viel Potenzial. Lausanne-Sport hat als siebenfacher Meister und neunfacher Cupsieger eine grosse Geschichte, spielt seit fünf Jahren in einem neuen Stadion und verfügt dank des Chemiekonzerns Ineos über beträchtliche finanzielle Mittel. In der zweiten Saison nach dem Aufstieg hat sich das Team von Platz 10 (2024) auf Platz 5 gesteigert. Kommt nun sogar der Angriff auf die Spitzenpositionen?
Zeidler zögert. "Wir haben nach dem Gespräch mit der Klubleitung bewusst darauf verzichtet, das Ziel 'Top 6' herauszugeben. Natürlich möchten wir nichts mit den Abstiegsplätzen zu tun haben und sind ambitioniert. Aber eine Saison wie die letzte zu wiederholen, wird nicht einfach."
Als Grund für die verhaltene Antwort nennt der Trainer den Umbruch in der Mannschaft. Mit Teddy Okou, Fousseni Diabaté und Aliou Baldé ist unter anderem ein Offensivtrio weg, das vergangene Saison für 20 Tore verantwortlich war. Schwer wiegt auch der Abgang von Mittelfeldspieler Koba Koindredi, der Magnin nach Basel folgte.
Ausserdem fehlt weiterhin der letztjährige Überflieger Alvyn Sanches. Der 22-jährige Offensivspieler, der bereits auf dem Sprung ins Ausland war, fällt durch seinen im März zugezogenen Kreuzbandriss noch mehrere Monate aus. Zeidler lobt die "sehr, sehr positive" Einstellung des Spielers und spricht von einer guten Entwicklung in der Reha. Doch er weiss: Auch wenn Sanches im Klub bleiben sollte, muss er noch lange ohne ihn auskommen.
"Im Vergleich zur letzten Saison sind viele neue Spieler da, die sich zuerst finden müssen", fasst Zeidler zusammen. Ihm sei bewusst, dass es in der Super League nicht nur Lausanne so gehe. Er wolle auch weder tiefstapeln noch mögliche Ausreden vorbereiten. "Ich finde es einfach wichtig, die Umstände zu benennen und die Erwartungen entsprechend anzupassen."
Mit dem Job in Lausanne hat Zeidler auch die Möglichkeit, sich mit dem Kunstrasen zu versöhnen. Auf diesem Terrain hatte der Trainer bisher wenig zu feiern. Vor allem die beiden verlorenen Cupfinals in Bern, die Zeidler als die beiden schlechtesten Spiele seiner Zeit in St. Gallen bezeichnet, schmerzen ihn noch heute. "In den Medien wurde geschrieben, dass ich den Kunstrasen hassen würde. Das stimmt nicht", sagt Zeidler. "Es ist aber fraglos ein etwas anderes Spiel auf dieser Unterlage. Und diesen Umstand müssen wir versuchen, in unseren Heimspielen auszunutzen."
Wie das aussehen kann, hat sich am Donnerstagabend gezeigt, als die Lausanner mit einem eindrücklichen 5:0-Sieg gegen Vardar Skopje ihre Europacup-Hoffnungen aufrechterhielten. Auch das erste Heimspiel in der Meisterschaft haben die Waadtländer für sich entschieden. Beim 3:2 gegen Winterthur zeigte sich das Team jedoch auch verwundbar.
Am Sonntag folgt das Auswärtsspiel in Thun, wo ebenfalls auf Kunstrasen gespielt wird. Zeidler und seine Lausanner haben die Chance auf den perfekten Beginn. Doch der seit 30 Jahren verheiratete Zeidler weiss genau, dass eine "mariage parfait" vor allem Konstanz und Ausdauer braucht. "Das Team hat bisher eine gute Mentalität gezeigt. Die Spieler sind bereit, hart zu trainieren", sagt Zeidler. "Das ist eine gute Voraussetzung. Alles Weitere schauen wir dann."