Zufrieden, aber dennoch mit Kampfansage
Zwar muss sich Noè Ponti an der WM in Singapur wie schon über 50 m Delfin auch über die doppelte Distanz Maxime Grousset geschlagen geben. Dennoch ist er "über alles gesehen sehr glücklich".
Noè Ponti erscheint mit einem Strahlen zum Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Hatte er nach dem 2. Platz über 50 m Delfin - Gold verpasste er bloss um drei Hundertstelsekunden - noch von einer "bittersüssen" Silbermedaille gesprochen, war er diesmal rundum zufrieden. Klar hatte der 24-jährige Tessiner darauf gehofft, der Schweiz die erste WM-Goldmedaille auf der Langbahn zu bescheren, "doch ich habe alles Mögliche gemacht. Es war schon seit ein paar Jahren mein Ziel, unter fünfzig Sekunden zu schwimmen. Endlich habe ich es geschafft".
Mit 49,83 Sekunden erzielte Ponti eine Zeit, die vor dem Final erst drei Schwimmer über 100 m Delfin unterboten hatten – Weltrekordhalter Caeleb Dressel (49,45), Kristof Malek (49,68) und Michael Phelps (49,82). Den eigenen Schweizer Rekord, aufgestellt im April vergangenen Jahres, unterbot Ponti um 33 Hundertstel. Somit zahlte sich für ihn aus, in diesem Jahr auf die ungeliebte Strecke 200 m Delfin zu verzichten. Dass es dennoch nicht zum Sieg reichte, lag an der überragenden Verfassung des Franzosen Maxime Grousset, der mit 49,62 Sekunden einen Europarekord aufstellte und in der ewigen Bestenliste auf den 2. Platz vorrückte. Von daher gab es nichts, was sich Ponti vorwarf.
Wenn man nun das Haar in der Suppe suchen möchte, könnte man sagen, der Anschlag hätte besser sein können. Für Markus Buck, den Chef Leistungssport von Swiss Aquatics, wäre das dann allerdings "wirklich Jammern auf hohem Niveau". Zudem sei es doch toll, dass Ponti solche Leistungen zeige und sie dennoch sagen könnten, da sei noch Optimierungspotenzial vorhanden. Und Buck ist sich sicher, bei einer tiefer gehenden Analyse noch einen, zwei Verbesserungspunkte mehr zu finden. Das stimmt ihn für die Zukunft umso positiver.
Ponti hatte zuvor im 50-m-Becken noch keine WM-Medaille gewonnen, während er auf der Kurzbahn schon sechsmal auf dem WM-Podest (dreimal zuoberst) gestanden hatte. Im 25-m-Becken ist er wegen seiner herausragenden Unterwasserphase noch besser. Deshalb gab es trotz des Gewinns von Olympia-Bronze 2021 über 100 m Delfin Kritiker, die sagten, dass er nur auf der Kurzbahn richtig gut sei. "Diese Leute haben keine Ahnung. Ich habe immer gewusst, dass ich auch auf der Langbahn gut bin. Dieses Jahr habe ich das nun gezeigt", sagt Ponti.
Ponti ist der erste Schweizer, der an einer Langbahn-WM zwei Medaillen gewonnen hat. "Das wusste ich nicht. Natürlich bin ich froh, wenn ich schnell schwimme. Wichtiger ist für mich allerdings, dass ich glücklich und gesund bin. Die zwei Medaillen sind schön, dennoch bin ich immer noch der Gleiche." Diese Einstellung spricht für ihn. Ausserdem hat er aus der Vergangenheit gelernt. "Ich habe diesmal weniger Druck verspürt als in den letzten Jahren."
Nun möchte Ponti die beiden Silbermedaillen zuerst einmal ausgiebig feiern. Er kündigte an, dass er in den beiden verbleibenden Nächten in Singapur nicht viel schlafen werde. "Das habe ich mir verdient." Danach legt er eine einmonatige Trainingspause vom Schwimmen ein. Er plant, jeden Abend beim Filmfestival in Locarno zugegen zu sein. Im Weiteren reist er noch nach Italien und Frankreich. "Die Pause ist wichtig für meinen Kopf", sagt Ponti.
Danach möchte er wieder angreifen. Denn obwohl es für ihn Wichtigeres als Schwimmen gibt, ändert das nichts an seinem unbändigen Ehrgeiz. "Ich will immer mehr. Deshalb muss ich noch härter trainieren", stellt er klar. Zwar mag er auch die französische Nationalhymne sehr und ist Grousset ein guter Freund, an der Langbahn-EM im kommenden August in Paris möchte er dann aber doch lieber den Schweizer Psalm hören. "Dann wird eine andere Geschichte geschrieben", macht Ponti schon einmal eine Kampfansage in Richtung Grousset. Mit einer Goldmedaille um den Hals wäre das Strahlen mit Sicherheit noch ausgeprägter.