Zwei Schwergewichte und ein Neuling
Für Deutschland und Schweden soll die Gruppenphase nur eine Zwischenstation sein auf dem Weg zu höheren Zielen. Dänemark will zurück in die Erfolgsspur und Polen die Grossen ärgern.
Die Favoritenrollen in der Gruppe C sind klar verteilt. Für Deutschland und Schweden wäre ein Hängenbleiben in der Gruppenphase eine grosse Enttäuschung. Die Rolle der Spielverderber wollen EM-Debütant Polen und insbesondere Dänemark einnehmen.
Es gab eine Zeit, da war Deutschland das Mass aller Dinge im Frauenfussball. Kein Team sass öfters auf dem europäischen Thron als die DFB-Elf (8). Seit dem letzten Titel sind nun aber auch schon zwölf Jahre vergangen. Bundestrainer Christian Wück setzt auf ein Kader, in dem viele junge Spielerinnen eine Chance erhalten. Homogenität steht über der Erfahrung, wobei mit Sara Däbritz von Olympique Lyon nur noch gerade eine Spielerin im Aufgebot steht, die beim letzten Titelgewinn 2013 bereits dabei gewesen ist. Experten attestieren den Deutschen zumindest Aussenseiterchancen darauf, dass ihre Serie der Titellosigkeit ausgerechnet im Nachbarland zu Ende geht.
Deutschland in Zahlen. - Einwohner: 84,6 Mio. - Hauptstadt: Berlin. - FIFA-Ranking: 3. - Bisherige Teilnahmen an EM-Endrunden (11): 1989, 1991, 1993, 1995, 1997, 2001, 2005, 2009, 2013, 2017, 2022. - Bestes EM-Resultat: Europameister (1989, 1991, 1995, 1997, 2001, 2005, 2009, 2013). - Beste Torschützin in der EM-Qualifikation: Lea Schüller (6 Tore). - Rekordspielerin: Birgit Prinz (214 Spiele). - Rekordtorschützin: Birgit Prinz (128 Tore). - Bekannteste Spielerinnen: Klara Bühl, Lea Schüller, Giulia Gwinn, Sara Däbritz. - Trainer: Christian Wück (GER, seit 2024).
Peter Gerhardsson ist seit 2017 in der Verantwortung des schwedischen Teams. Der 65-Jährige folgte bei den Tre Kronor damals auf Pia Sundhage, die heutige Schweizer Nationaltrainerin. Nur wird Gerhardsson sein Amt nach der EM niederlegen und die Verantwortung an den früheren australischen Nationalcoach Tony Gustavsson übergeben. Auch wenn die Skandinavierinnen immer als Mitfavoritinnen in ein EM-Turnier starten, ist seit dem Titel bei der Premiere 1984, als Sundhage den entscheidenden Penalty verwandelte, kein EM-Pokal mehr in der schwedischen Vitrine gelandet. Mit den beiden dritten Plätzen bei den letzten Weltmeisterschaften 2019 und 2023 und der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio hat Gerhardsson gezeigt, dass seine Spielerinnen zu den besten der Welt gehören können.
Schweden in Zahlen. - Einwohner: 10,5 Mio. - Hauptstadt: Stockholm. - FIFA-Ranking: 6. - Bisherige Teilnahmen an EM-Endrunden (11): 1984, 1987, 1989, 1995, 1997, 2001, 2005, 2009, 2013, 2017, 2022. - Bestes EM-Resultat: Europameister (1984). - Beste Torschützin in der EM-Qualifikation: Filippa Angeldahl, Stina Blackstenius und Johanna Rytting Kaneryd (4 Tore). - Rekordspielerin: Caroline Seger (240 Spiele). - Rekordtorschützin: Lotta Schelin (88 Tore). - Bekannteste Spielerinnen: Fridolina Rolfö, Stina Blackstenius, Kosovare Asllani. - Trainer: Peter Gerhardsson (SWE, seit 2017).
Die Däninnen waren einmal schon ganz nahe dran, den europäischen Thron zu besteigen. 2017 unterlag Dänemark unter der Ägide des späteren Schweizer Nationaltrainers Nils Nielsen den Gastgeberinnen aus der Niederlande im Final 2:4. Seither tun sich die Däninnen bei grossen Turnieren schwer. Bei der WM 2023 schieden sie bereits in den Achtelfinals aus, an der EM 2022 in England blieben sie bereits in der Gruppenphase hängen. Dass Dänemark aber bestrebt ist, an die Spitze des europäischen Fussballs vorzustossen, zeigt unter anderem der Fakt, dass die Verantwortlichen im Verband nach der letzten Weltmeisterschaft auch bereit dafür waren, ein bis dahin ungeschriebenes Gesetz zu brechen. Mit Andrée Jeglertz wurde nämlich erstmals einem Ausländer das Amt des Nationalcoaches anvertraut. Der 53-jährige Schwede gewann mit Umea unter anderem den Vorgängerwettbewerb der Champions League, wurde mehrmals zu Schwedens Trainer des Jahres gewählt und stand während sechs Jahren an der Seitenlinie von Finnlands Nationalteam. Sein Erfolg wird wohl auch von Pernille Harder abhängig sein. Die langjährige Chelsea-Stürmerin, die nun bei Bayern München auf Torejagd geht, ist Rekordtorschützin und die mit Abstand torgefährlichste Offensivspielerin im Kader.
Dänemark in Zahlen. - Einwohner: 6 Mio. - Hauptstadt: Kopenhagen. - FIFA-Ranking: 12. - Bisherige Teilnahmen an EM-Endrunden (10): 1984, 1991, 1993, 1997, 2001, 2005, 2009, 2013, 2017, 2022. - Bestes EM-Resultat: 2. Platz (2017). - Beste Torschützin in der EM-Qualifikation: Janni Thomsen und Amalie Vangsgaard (je 3 Tore). - Rekordspielerin: Katrine Pedersen (210 Spiele). - Rekordtorschützin: Pernille Harder (76 Tore). - Bekannteste Spielerinnen: Signe Bruun, Nadia Nadim, Pernille Harder. - Trainer: Andrée Jeglertz (SWE, seit 2023)
Für die Polinnen ist das EM-Turnier in der Schweiz ein ganz besonderes. Denn erstmals überhaupt konnte sich Polen für eine EM-Endrunde qualifizieren. Und das gelang nicht etwa äusserst souverän, sondern vielmehr dramatisch: In den Playoffs setzte sich das Team von Trainerin Nina Patalon zuerst gegen Rumänien durch, dann behielt es auch in Hin- und Rückspiel gegen Österreich die Oberhand. Damit hat sich die 39-Jährige, die von der Nachwuchstrainerin bis zum Headcoach aufgestiegen ist, den Platz in den Geschichtsbüchern gesichert. Wie viel in der Gruppe möglich ist, wird auch von Ewa Pajor abhängig sein. Die Starstürmerin des FC Barcelona ist die mit Abstand versierteste Akteurin im polnischen Kollektiv. Ob dies allerdings genug sein wird, um sich gegen die Konkurrenz zu behaupten, ist fraglich.
Polen in Zahlen. - Einwohner: 37 Mio. - Hauptstadt: Warschau. - FIFA-Ranking: 27. - Bisherige Teilnahmen an EM-Endrunden: -. - Beste Torschützin in der EM-Qualifikation: Natalia Padilla (5 Tore). - Rekordspielerin: Maria Makowska (111 Spiele). - Rekordtorschützin: Ewa Pajor (68 Tore). - Bekannteste Spielerinnen: Ewa Pajor, Olivia Wos, Wiktoria Zieniewicz. - Trainerin: Nina Patalon (POL, seit 2021).
