«Karl der Grosse» statt «kleiner Lennart»
Offensivspieler Lennart Karl ist zwar erst 17 Jahre alt und nur 1,68 Meter gross. Doch in diesen Tagen glänzt das Juwel des FC Bayern München auf der ganz grossen Bühne, spielt sich ins Rampenlicht – und auch an die WM?
Es ist noch nicht lange her, da ging am internationalen Fussballhimmel der Stern von Lamine Yamal auf. Im April 2023 debütierte er für Barcelona in der höchsten spanischen Liga, 15 Jahre, 9 Monate und 16 Tage war er jung. Ein paar Monate später bestritt er sein erstes Spiel in der Champions League, mit 16 Jahren, 2 Monaten und 6 Tagen. Später glänzte er auch an der EM, gewann mit Spanien den Titel. Heute ist er ein Superstar, sein Marktwert liegt gemäss transfermarkt bei 200 Millionen Euro.
In diesem Sommer hat sich nun Lennart Karl aufgemacht, wie vor ihm Yamal die Fussballwelt zu erobern. Sein Bundesligadebüt gab er beim Saisonauftakt gegen Leipzig mit 17 Jahren und 6 Monaten, einen Monat später durfte er erstmals in der Königsklasse ran – und zuletzt erzielte er seine ersten Tore. In der Champions League gegen Brügge wurde er mit 17 Jahren und acht Monaten der jüngste deutsche Torschütze in der Champions League überhaupt, löste seinen Teamkollegen Jamal Musiala ab. Und am vergangenen Samstag traf er gegen Gladbach erstmals auch in der Bundesliga.
Tore à la Robben und Lobeshymnen
Es waren zwei wunderschöne Treffer, Karl erinnerte dabei in der Art und Weise auch an Bayern-Legende Arjen Robben. Und so wird der 17-jährige Offensivspieler nun mit Lobeshymnen überschüttet. «Das ist nicht normal», schwärmte beispielsweise Bayern-Trainer Vincent Kompany, der aber auch Wert darauf legt, den Ball flach zu halten: «Ich bin kein Fan von einem Hype, den er jetzt bekommen wird. Ich bin Fan von Ausbildung und Ruhe.» Sky-Experte Didi Hamann erklärte nach dem Treffer gegen Gladbach: «Das ist ein wunderschönes Tor. Mit seiner Technik macht er von zehn Schüssen acht rein.» Teamkollege Aleksandar Pavlovic strich das Selbstvertrauen des Jungstars heraus: «Wenn man es auf Deutsch sagt: Er hat einfach die Eier dazu.» Und Captain Joshua Kimmich lobte: «Er hat auf jeden Fall aussergewöhnliche Fähigkeiten. Das Wichtigste ist für mich sein Mut, den er mitbringt. Er kommt rein, er möchte was zeigen. Dass er dann die Qualität im Dribbling und im Abschluss hat, ist klar.» Starstürmer Harry Kane glaubt, dass Karl über viele gute Eigenschaften verfügt, um ein Topspieler zu werden und ist überzeugt, dass der 17-Jährige nun nicht abheben wird: «Er arbeitet unter einem grossartigen Trainer, der ihn auf dem Boden halten wird.»
Die Zukunft bei den Bayern geregelt
Klar ist: Der 1,68 Meter kleine Lennart ist auf der Fussballbühne aktuell «Karl der Grosse». Er wurde 2008 in Frammersbach, zwischen Aschaffenburg und Würzburg, geboren. Er kommt aus einer fussballbegeisterten Familie, spielte als Junior bei Viktoria Aschaffenburg und Eintracht Frankfurt und wechselte 2022 in den Bayern-Nachwuchs, was in Frankfurt nicht überall goutiert wurde. Letzte Saison kam Karl in der U17 und U19 in 30 Pflichtspielen auf 34 Tore und 11 Assists, durfte dank dieser Leistungen bei den Profis mittrainieren und gab bei der Klub-WM sein Debüt im Fanionteam der Münchner. Sein Berater ist der frühere Bayern-Star Michael Ballack, der ihn nun auch dabei unterstützte, dass seine Zukunft bei den Bayern liegt. Karls Ausbildungsvertrag wird am 22. Februar 2026, also an seinem 18. Geburtstag, in einen langfristigen Profivertrag umgewandelt – eine saftige Lohnerhöhung natürlich inklusive. Es ist ein cleverer Zug des Rekordmeisters, denn Karl hat längst auch Interesse bei den finanzkräftigen Premier League-Giganten wie Manchester City, Arsenal oder Chelsea geweckt.
Der technisch starke, schusskräftige und spielintelligente Karl wird in München als eines der heissesten Talente seit Jamal Musiala gehandelt. Während der Marktwert des 22-jährigen, aktuell verletzten Offensivspielers Musiala bei 140 Millionen Euro liegt, wird Karl, der auch die Arbeit nach hinten nicht vergisst, bereits auf 20 Millionen geschätzt – er ist damit gemeinsam mit dem nigerianischen Atalanta-Verteidiger Honest Ahanor der wertvollste Spieler mit Jahrgang 2008. Und dieser Wert könnte weiter steigen oder gar explodieren, vor allem wenn das eintrifft, was momentan überall diskutiert wird: Dass Bundestrainer Julian Nagelsmann Shootingstar Lennart Karl für die nächsten WM-Quali-Spiele am 14. November in Luxemburg und drei Tage später gegen die Slowakei nominiert und dann auch in sein WM-Kader beruft.
So weit ist es aber noch nicht. Und trotz aller Qualitäten und des riesigen Talentes gilt auch für Lennart Karl, dass er nach seinem fulminanten Start nun seine Leistungen bestätigen muss – was schwierig genug ist. Denn längst nicht jedes Supertalent schafft es bis an die Spitze. Man denke nur an Youssoufa Moukoko, der im November 2020 einen Tag nach seinem 16. Geburtstag für Borussia Dortmund sein Bundesliga-Debüt gab, wobei es aber Zweifel an seinem Alter gibt. Mittlerweile steht Moukoko aber «nur» beim FC Kopenhagen unter Vertrag und sein Marktwert ist von zwischenzeitlich 30 Millionen auf 10 Millionen Euro gesunken.