Kemal Ademi: Auf der Suche nach der alten Stärke
Am 22. Juli startet die Super League in die neue Saison. Mit dabei sind einige neue Gesichter, aber auch Rückkehrer. So zum Beispiel Mittelstürmer Kemal Ademi (27) beim FC Luzern.
Ganz klar, der FC Luzern hat Ambitionen. Und wird in der neuen Saison im Angriff zu beachten sein. Dafür sorgen die bereits getätigten Transfers der Offensivkräfte Teddy Okou, der letzte Saison bei Stade-Lausanne-Ouchy als Torjäger für Furore sorgte, des ehemaligen Aarauers Kevin Spadanuda, der nach einem Jahr bei Ajaccio in der Ligue 1 in die Schweiz zurückkehrt. Und natürlich von Kemal Ademi, der einst bei Herisau mit dem Fussball begann, im Nachwuchs des FC St. Gallen reifte und in der Super League bereits für Xamax und den FC Basel stürmte, ehe eine Odyssee begann. Doch der Reihe nach.
Auf die Welt kommt Kemal Ademi im Januar 1996 im deutschen Villingen-Schwenningen, im Schwarzwald-Baar-Kreis, gut 50 Kilometer von Schaffhausen entfernt, nachdem seine Eltern zu Beginn der gewaltsamen Auseinandersetzungen im Kosovo geflüchtet sind. Zwei Jahre später muss die Familie zurück in die Heimat und zieht kurz vor Ausbruch des Krieges in die Schweiz weiter, wo Ademis Tante lebt, und landet in Herisau. Und irgendwann, nachdem zahlreiche bürokratische Hürden überwunden sind, kann die Familie Ademi Hauptort des Kantons Appenzell Ausserrhoden bleiben.
Kemal Ademi zeigt bald sein fussballerisches Talent, schafft es in die regionale Auswahl und dann in den Nachwuchs des FC St. Gallen. Im Sommer 2015 geht er nach Deutschland, in die zweite Mannschaft von Hoffenheim, die als Talentschmiede gilt. Der Durchbruch gelingt jedoch nicht, er bleibt eines von vielen Talenten. Die Saison 2017/18 verpasst er wegen eines Kreuzbandrisses. Hoffenheim – ein Missverständnis? Nein. Denn er entwickelt sich weiter, auch in Trainings unter Julian Nagelsmann, eignet sich den nötigen Biss an.
15 Tore beim FCB – aber kein Stammplatz
2018 kehrt Ademi in die Schweiz zurück, zu Xamax. Und der Hüne – seine Grösse beträgt je nach Quelle zwischen 1,95 und 1,98 m – schlägt voll ein. Er erzielt acht Meisterschaftstore für die Neuenburger und trifft auch in der legendären Barrage gegen Aarau, als Xamax trotz eines 0:4 im Hinspiel den Abstieg verhindern kann. Shootingstar Ademi ist begehrt, fast die ganze Liga ist hinter ihm her – und er entscheidet sich für den FC Basel. Beim FCB erzielt er in der ersten Saison in 43 Spielen 15 Tore, ist aber dennoch nicht als Stammkraft gesetzt. Nach dem Trainerwechsel von Marcel Koller zu Ciriaco Sforza ist der Mittelstürmer dann endgültig nur noch zweite Wahl, zieht die Reissleine und wechselt zum türkischen Traditionsklub Fenerbahce.
Es ist der Anfang einer Odysse, denn nach einem halben Jahr wird der Mittelstürmer an den Ligakonkurrenten Karagümrük ausgeliehen, dann an den russischen Klub Khimki verkauft und von dort bald in Leihgeschäften in die 2. Bundesliga weitergegeben, zuerst nach Paderborn, dann nach Sandhausen. Das Khimki-Engagement sei für ihn zwar eine Erfahrung gewesen, er habe in Moskau gewohnt, trotzdem sei er froh, nicht mehr dort zu sein. Was zwischen Russland und der Ukraine passiert, «war sehr schwierig. Ich habe mich schnell entschieden, dass das nichts mehr für mich ist», erklärte der 27-Jährige nun gegenüber nau.ch.
«Ein richtiger Box-Stürmer»
Nun ist Ademi beim FC Luzern gelandet. Und soll dort in der Offensive für Tore sorgen, seine Knipserqualitäten zeigen wie damals in Neuenburg und dann zu Beginn auch in Basel, als er sich so auch in den Dunstkreis des Schweizer Nationalteams spielte und sein Marktwert auf drei Millionen Euro geschätzt wurde; aktuell sind es noch 0,5 Mio. In Luzern sind die Verantwortlichen optimistisch, so sagt etwa Sportchef Remo Meyer bei der Präsentation: «Kemal Ademi ist mit seinen Voraussetzungen eine ideale Verstärkung für unser Sturmzentrum. Er hat seine Torgefährlichkeit in der Vergangenheit bereits mehrfach unter Beweis gestellt und wir sind überzeugt, dass er bei uns zu alter Stärke zurückfinden wird.» Und Trainer Mario Frick sagt: «Mit Ademi konnten wir einen richtigen Box-Stürmer holen, der sehr kopfballstark ist.»
Sollte Kemal Ademi tatsächlich zur alten Stärke zurückfinden, hätten die Luzerner den richtigen Riecher gehabt. Und ein gutes Geschäft gemacht, denn der Stümer, der einen Zweijahresvertrag unterschrieben hat, ist ablösefrei in die Schweiz zurückgekehrt.