Ist Lamine Yamal schon der beste Fussballer der Welt?
Dank exklusiver Einschätzungen spanischer Fussballexperten stellt sich Sky Sport die Frage: Ist der Angreifer des FC Barcelona bereits der grösste Spieler auf dem Planeten Fussball?
Unaufhaltsam. Unspielbar. Unbeschreiblich. Die Superlative gehen nie aus, wenn sein Name fällt. Mit gerade einmal 17 Jahren prägt der junge Blondschopf den Weltfussball bereits nachhaltig. Geboren als Sohn eines marokkanischen Vaters, Mounir Nasraoui, und einer äquatorialguineischen Mutter, Sheila Ebana, wuchs Lamine Yamal Nasraoui Ebana in Katalonien auf, wo er mit drei Jahren beim CF La Torreta seine ersten Fussballschritte machte – nur wenige Kilometer von seinem Elternhaus entfernt. Heute begeistert er ganz Katalonien mit seinem Talent und hat kürzlich die Marke von 100 Spielen für den FC Barcelona überschritten. Der Vergleich mit Lionel Messi liess da natürlich nicht lange auf sich warten. Kein Wunder: Mit 17 Jahren hatte die „Pulga“ gerade einmal neun Pflichtspiele für Barça absolviert. Ein Fakt, der die Fans der Blaugrana träumen lässt…
Yamal selbst weist diesen Vergleich jedoch entschieden zurück: „Ich vergleiche mich nicht mit ihm, weil ich mich mit niemandem vergleiche – schon gar nicht mit Messi. Ich überlasse diese Debatte euch. Wir konzentrieren uns darauf, uns jeden Tag zu verbessern, besser zu sein als am Vortag. Deshalb macht dieser Vergleich für mich keinen Sinn, vor allem nicht mit Messi…“
Auch wenn er sich selbst abgrenzt, sprechen seine Zahlen eine andere Sprache. Bereits 30 Mal war Yamal direkt an Toren beteiligt – Messi hatte in diesem Alter gerade sein erstes Tor erzielt. Doch es ist nicht nur seine Statistik, die beeindruckt, sondern auch seine erstaunliche Reife. Selbstbewusst sagt er: „Im Fussball gibt es kein Alter. Es hängt von der Qualität, dem Training und der Mentalität ab. Wenn du bereit bist, bist du bereit. Wir sind ein sehr junges Team, aber wir beweisen, dass wir auf diesem Niveau bestehen können. Alter ist nur eine Zahl.“
Um die Frage zu beantworten, ob Yamal bereits der Beste der Welt ist, haben wir Experten befragt. Antonio Salamanca, ehemaliger Scout des FC Liverpool (u.a. verantwortlich für den Transfer von Luis Suárez) und aktuell bei Villarreal tätig, erklärt: „Ob er der beste Spieler der Welt ist? Schwer zu sagen, das wäre anderen Spielern gegenüber unfair – Pedri oder Raphinha zum Beispiel. Aber er ist unglaublich leichtfüssig. Jedes Mal, wenn er den Ball hat, passiert etwas. Er ist ein ‚differential player‘, einer, der festgefahrene Situationen lösen kann. Aber er darf nicht in Überheblichkeit verfallen, weder beim Passspiel noch im Abschluss. Gegen Inter hat er teils überhastet abgeschlossen, wo ein Pass sinnvoller gewesen wäre. Hansi Flick kitzelt das Beste aus ihm heraus, er wird mit der Zeit wachsen. Technisch ist er auf allerhöchstem Niveau, vor allem bei den in Spanien so genannten ‚Golpeos‘ – diese speziellen Schüsse mit dem Aussenrist aus der Distanz. Yamal ist Linksfuss, wie Messi, und besitzt diese Eleganz, nach innen zu ziehen, um Schusswinkel zu finden. Aber anders als Messi, der zentral agierte, kommt Yamal eher von aussen.“
Mit 17 Jahren hat Lamine Yamal bereits die spanische Meisterschaft (2022/2023), die Supercopa (2025), die Copa del Rey (2025) sowie die Europameisterschaft 2024 mit Spanien gewonnen – ein Vorsprung gegenüber den Legenden, mit denen er verglichen wird. François David, Spanien-Korrespondent für „Le Parisien“ seit 2007, geht noch weiter: „Für mich ist Lamine Yamal schon jetzt der beste Spieler der Welt. Die Leute kaufen ihre Tickets, um ihn spielen zu sehen – so wie früher bei Messi oder Ronaldinho. Seine Mitspieler wissen das und suchen ihn ständig. Gegen Inter Mailand hat er Federico Dimarco in nur 45 Minuten komplett zermürbt. Sein Charisma, seine Ausstrahlung – das ist aussergewöhnlich. In Barcelona verkauft man auf zehn Trikots acht mit Yamal, eins mit Pedri, eins mit Lewandowski. Raphinha? Fast niemand. Im Kampf um den Ballon d’Or könnte ihm die Konkurrenz aus dem eigenen Team zum Verhängnis werden, weil sich die Stimmen aufsplittern. Langfristig wird nur Kylian Mbappé ihm auf Augenhöhe begegnen können. Darauf steuert alles zu.“
Zum Abschluss zieht der französische Journalist Alexandre Ruiz (ehemals Canal+ und beIN Sports) einen historischen Vergleich: „Es ist, als hätte er den Rubikon überschritten. Diese Metapher passt auch zu Hansi Flick. So wie Cäsar damals das Verbot des Senats ignorierte und mit seinen Legionen den Rubikon überquerte, um Rom zu erobern, geht Flick mit Yamal volles Risiko ein. Das Spiel Yamal’s ist risikobehaftet, aber Flick akzeptiert es: Solange er fünf Tore schiesst, ist es egal, ob er vier kassiert. Nach dem Abgang von Lionel Messi fiel Barça in eine Art Depression. Die Saison 2024/2025 markiert einen Wendepunkt. Yamal hat das post-Messi-Trauma beendet. Das Halbfinal-Rückspiel gegen Inter Mailand wird in die Vereinsgeschichte eingehen – es gibt ein Davor und Danach. Kein Spieler hatte jemals einen solchen Impact mit 17 Jahren. Pelé? Vielleicht 1958 bei der WM – aber nur über vier Spiele. Lamine Yamal ist einzigartig. Er glänzt in den grossen Spielen. Viele Talente liefern nur in den kleinen Spielen. Er aber markiert die Kalenderdaten mit rot: grosse Bühne, grosse Leistung, grosser Auftritt. Sein Stil vereint Substanz und Show – das inspiriert, beeindruckt und ängstigt zugleich.“
Fast wie Cäsar, am Ende.
