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Zwei Meinungen: Erhält Granit Xhaka in der Schweiz nicht genügend Wertschätzung?

Irgendwann im Mai dürfte es soweit sein: Bayer Leverkusen wird zum ersten Mal Deutscher Meister. Einer der Garanten für den Aufschwung: Granit Xhaka. Während Fussball-Deutschland den 31-Jährigen dafür mit Lob überschüttet, wird der Nati-Captain hierzulande merklich kritischer gesehen. Erhält Xhaka sogar zu wenig Wertschätzung? Unsere Redakteure Younes Hdk und Patrick Y. Fischer sind sich nicht einig.

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© Keystone/Laurent Gillieron

Younes Hdk sagt: Ja

 

Wie das Sprichwort sagt: "Niemand ist Prophet in seinem eigenen Land"... Seit einigen Saisons schon singt das europäische Fussballpublikum seine Loblieder, unsere deutschen Nachbarn beneiden uns um ihn, aber in der Schweiz hört man nicht auf, ihn in Frage zu stellen, ihn zu schmähen. Wie viele Trophäen haben wir gewonnen, wie viele Ballon d'Or-Gewinner haben das Trikot der Nati getragen, dass wir es uns leisten können, so "wählerisch" mit einem Spieler zu sein, der in der Premier League und der Bundesliga alle überzeugt hat?

Fussballerisch ist er (bei weitem) der beste Mittelfeldspieler in der Geschichte der Nati. Man wird nicht der 11. ausländische Spieler mit den meisten Einsätzen in der Geschichte eines Clubs wie Arsenal, ohne ein aussergewöhnlicher Fussballer zu sein. Seine entscheidende Rolle im System von Xabi Alonso hat ihn diese Saison noch mehr ins Rampenlicht gerückt, aber eines ist klar: Wenn Trainer wie Arsène Wenger, Unai Emery, Mikel Arteta, Xabi Alonso dich alle zu einem Grundpfeiler ihrer Startelf machen, dann bist du eindeutig kein gewöhnlicher Spieler.

Er ist ein Mittelfeldspieler, wie es ihn nicht mehr oft gibt, mit einer aussergewöhnlichen Spielübersicht, einem phänomenalen Passgefühl, einer unerschütterlichen Kampfbereitschaft und einer XXL-Führungsstärke: Er gehört zu den Spielern, die das Tempo eines Spiels bestimmen und auf denen das gesamte Gleichgewicht des Teams ruht.

Was wirft man ihm dann vor? Im Allgemeinen weisen diejenigen, die diesen guten alten Granit nicht schätzen, auf seinen (schlechten) Charakter und seine Haltung auf und ausserhalb des Feldes hin, die nicht mit dem typisch schweizerischen Temperament und der Demut übereinstimmen, ähnlich wie bei dem, was man über Stan Wawrinka hörte, doch kein Schweizer Fan hat jemals seine sportliche Legitimität in Frage gestellt, also warum bei Xhaka? Zumal grosse Spieler oft einen Charakter haben, der ihrem Talent entspricht, und wir in diesem Land Spieler wie Gattuso, Zidane, Kahn, Rooney geschätzt haben, die in dieser Hinsicht weit davon entfernt waren, Engel zu sein...

Granit ist ein Fussballer, er sollte daher ausschliesslich nach fussballerischen Kriterien beurteilt werden. Wenn man sich nur auf diese stützt, ist er absolut unantastbar.

 

 Patrick Y. Fischer sagt: Nein

 

Granit Xhaka geniesst in Deutschland derzeit allerhöchsten Respekt. Ob im Gespräch mit eingefleischten Fans oder beim Scannen der deutschen Medien, schnell wird klar: Xhaka ist ein Leader, eine charakterstarke Führungspersönlichkeit und auf dem Rasen Woche für Woche der Hauptgrund für Bayer Leverkusens rasanten Aufstieg an die Bundesliga-Spitze. Wer den Experten von Sky 90 in der Sendung vom 11.2. zuhört bekommt gar den Eindruck, dass wir in der Schweiz viel zu kritisch mit dem gebürtigen Basler umgehen, seine sportliche Ausnahmestellung quasi verkennen.

Dem halte ich klar dagegen. Zum einen, weil Xhakas Performance, sein Werdegang auf Klub- und Nationalmannschaftsebene durchaus gewürdigt werden. Zum anderen, weil es in Medien und Öffentlichkeit wohl kaum jemanden gibt, der die aussergewöhnliche Leistungen und Verdienste unseres Rekord-Nationalspielers in Abrede stellt oder gar seine sportlichen Fähigkeiten hinterfragt. Nur verfolgt die fussballinteressierte Schweiz Granit Xhakas Karriere schon etwas länger als ein sehr grosser Teil der ausländischen Beobachter, die den Mittelfeld-Strategen meist temporär und in erster Linie auf Klubebene kennengelernt haben. Entsprechend haben wir Schweizer auch schon mehrfach miterlebt, dass Xhaka in einem wichtigen Spiel der Nati (gemeinsam mit seinen Teamkollegen) sportlich enttäuschte oder sich in seiner Funktion als Captain auf oder neben dem Platz verirrte.

Oder können Sie sich vorstellen, wie Fans und Medien in Deutschland reagieren würden, wenn Captain Granit sich in einer sportlich entscheidenden Phase persönliche Freiheiten wie den Besuch eines Tattoo-Studios herausnehmen oder sich auf Drittschauplätzen verzetteln und Drohungen aussprechen würde? Der Aufschrei in den dutzenden von Zeitungen, TV-Sendungen, Talk-Shows und Podcasts wäre riesig und höchst wahrscheinlich deutlich heftiger, als dies hierzulande jeweils der Fall ist.

Schlussendlich bedeutet all das aber nicht, dass wir Granit Xhaka in der Schweiz nicht als das sehen und respektieren, was er ist: Ein herausragender Fussballer und wichtiger Spieler unserer Nationalmannschaft, den wir für tolle Leistungen loben und dann kritisieren, wenn er auf oder neben dem Platz für einmal am Ziel vorbeischiesst. So wie das im Ausland in vergleichbaren Fällen genauso passieren würde, bzw. auch schon passiert ist. Verdiente Wertschätzung hin oder her.

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